Wann haften Betreiber von Handelsplattformen wie eBay und Amazon für gefährliche Produkte dort agierender Händler? In welchen Fällen müssen sie proaktiv gegen Händler vorgehen? Das Oberlandesgericht Frankfurt a. Main erweitert mit seinem Urteil die bisherige Praxis. Ist nun das Ende unsicherer Produkte zu Dumpingpreisen aus dem Ausland in Sicht?
Ein Händler hatte auf der Online Handelsplattform eBay Schwimmhilfen aus chinesischer Produktion angeboten. Die Schwimmscheiben trugen weder CE-Kennzeichen noch gab es Angaben zum Hersteller oder eine EU-Konformitätserklärung. Ein deutsches Konkurrenzunternehmen hatte dieses Angebot gegenüber eBay mehrfach erfolglos beanstandet und verklagte eBay schließlich auf Unterlassung.
OLG Frankfurt nimmt eBay in die Pflicht Rechtsverletzungen zu verhindern
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 24.06.2021 – 6 U 244/19 entschieden, dass die Betreiber der Handelsplattform eBay für gefährliche Produkte haftet. Nach dem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung müsse die Plattform das konkrete Angebot unverzüglich sperren. Außerdem seien sie künftig auch in der Pflicht Vorsorge zu treffen, dass es zu keinen weiteren Verstößen durch den Händler kommt.
eBay haftet für gefährliche Produkte aus dem Ausland
Demnach dürfe eBay keine Angebote von Händlern schalten, deren Angebote bereits als unzulässig angezeigt worden seien, so auch im Fall der chinesischen Schwimmscheiben. Nach EU-Recht dürfen Schwimmhilfen in den EU-Mitgliedsstaaten nur vertrieben werden, wenn sie die Gesundheit und Sicherheit von Kunden nicht gefährden. Daher müssen zum Verkauf angebotene Schwimmhilfen CE-Kennzeichen und Angaben zum Hersteller haben. Andernfalls seien sie gefährliche Produkte die nicht im Handel angeboten werden dürften.
Die Produktbilder des verklagten Händlers ließen wie häufig in solchen Fällen eindeutig erkennen, dass die Schwimmhilfen aus China weder CE-Kennzeichen noch Herstellerangaben trugen. Damit entsprächen sie weder der EU-Verordnung über persönliche Schutzausrüstungen, noch den Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes, so die Frankfurter Richter.
„Notice and take down-Prinzip“ allein nicht mehr ausreichend
Das Gericht betonte, dass die Betreiber von eBay für die Rechtsverletzungen auf den betroffenen Händler-Accounts verantwortlich seien und für sie haften müssen. Daher seien sie in der Pflicht konkrete Angebote unverzüglich zu sperren, insbesondere wenn sie auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen wurden („notice and take down“-Prinzip). Darüber hinaus müssen sie künftig auch proaktiv Vorsorge treffen, dass es nicht zu weiteren Verstößen durch bereits bekannte Händler komme.
Händler aus Asien bisher mit unbeschränktem Zugang zum EU-Markt
Der Frankfurter Senat begründet die verschärfte Handlungspflicht mit dem gefahrerhöhenden Verhalten eBays durch den Betrieb einer grundsätzlich auch für Händler aus dem Ausland geöffneten Verkaufsplattform. Dies führe zu einer „Erfolgsabwendungspflicht“ der Betreiber.
Besonders Händler aus Asien verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber europäischen Händlern, indem sie sich oftmals nicht an die strengen Produktsicherheitsanforderungen der Europäischen Union halten. Sie bieten ihre Produkte ohne Sicherheitsüberprüfung und Angaben zum Hersteller an. Dadurch können sie insbesondere Waren mit hoher Nachfrage zeitlich vor den Europäischen Händlern anbieten. Da Händler aus Asien selten rechtliche Konsequenzen fürchten müssen, setzt das OLG bei den Betreibern von eBay an gefährliche Produkte von bereits bekannten Händlern proaktiv zu verhindern.
Laut den Richtern sei die Pflicht zu vorbeugenden Maßnahmen für eBay ohne Weiteres zumutbar, denn die einschlägigen Produkte seien meist leicht zu identifizieren. Die Betreiber können Filtersoftware einsetzen, um die Angebote derjenigen Accounts herauszufiltern, deren rechtsverletzende Angebote bereits gemeldet wurden.
Fazit
Die Wettbewerbsverzerrung durch nicht verkehrsfähige Produkte aus Asien bleibt ein ernsthaftes Problem für europäische Unternehmer. Das OLG Urteil lässt jedoch hoffen, dass Betreiber von Marktplätzen wie eBay und Amazon aufgrund der verschärften Handlungspflicht künftig strenger gegen gefährliche Produkte und unlautere Geschäftspraktiken vorgehen werden. Sicher ist, dass die neuen Pflichten eBay und Amazon nicht freuen werden, da sie von den Händlern aus Asien profitieren.
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