Nehmen Verbraucher die Werbung mit „perfekten Zähnen“ für bare Münze oder erkennen sie darin eine reklamehafte Übertreibung? Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt a. Main werden Verbraucher von der Strahlkraft der Werbung mit perfekten Zähnen etwas zu sehr geblendet und damit irregeführt.
- Ein Kieferorthopäde bewarb ein „Invisalign“-Zahnschienen-System auf seiner Website wie folgt:
„(…) ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können.“
Ein Mitbewerber ging gegen den Kieferorthopäden vor. Der Vorwurf lautete, dass entgegen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) der Kieferorthopäde den Eindruck erweckt habe, dass ein Erfolg der beworbenen Behandlung mit Sicherheit erwartet werden könne.
- Das Landgericht Frankfurt a. M. hatte es durch Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst untersagt, mit dieser Werbeaussage zu werben. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch hat das Landgericht (Urt. v. 18.09.2019, Az. 3-08 O 68/19) die einstweilige Verfügung jedoch aufgeboben.
- Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der werbende Kieferorthopäde erwecke nicht fälschlich den Eindruck, dass ein Erfolg („perfekte Zähne“) mit Sicherheit erwartet werden könne. Es handele sich insoweit nicht um eine objektive Tatsachenbehauptung, sondern lediglich um ein Werturteil. Im Übrigen liege erkennbar eine reklamehafte Übertreibung vor.
- Durch Berufung des Mitbewerbers wurde der Streit schließlich dem OLG Frankfurt a. M. zur Entscheidung vorgelegt.
OLG Frankfurt zur Werbung mit perfekten Zähnen
Das OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 27.02.2020, Az. 6 U 219/19) stellte fest, dass die Werbung mit „perfekten Zähnen“ wettbewerbswidrig ist. Es werde fälschlicherweise der Eindruck erweckt, dass der Erfolg der Behandlung („perfekte Zähne“) mit Sicherheit erwartet werden könne.
Der Werbung im Gesundheitswesen setzen sowohl das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) gewisse Grenzen. Unter anderem regelt das HWG, dass eine werbliche Irreführung insbesondere dann vorliegt, wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann.
Bei dieser Vorschrift handelt es sich auch um eine Markverhaltensregelung, sodass ein Verstoß wettbewerbsrechtlich abmahnbar und gerichtlich verfolgbar ist.
- Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage sei, wie der angesprochene Verkehr die Werbung verstehe. Bei Werbung, deren Inhalt zwar ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, der Verkehr aber als reklamehafte Übertreibungen wertet, könne es an einer Irreführung fehlen, wenn der Verkehr die Angaben als Tatsachenbehauptung nicht ernst nehme.
Dies komme insbesondere dann in Betracht, wenn (und je mehr) subjektive Einschätzungen und Wertungen der Werbeaussage erkennbar zugrunde lägen.
Werbung mit „perfekten Zähnen“ = reklamehafte Übertreibung?
Die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, es handele sich bei der Werbung mit „perfekten Zähnen“ um ein rein subjektives Werturteil. Zwar sei die Perfektion von Zähnen nicht vollständig objektivierbar, trotzdem enthalte die Werbeaussage einen objektiven Tatsachenkern, der zugleich ein Erfolgsversprechen beinhalte.
Des Weiteren verstehe der angesprochene Verkehr die Werbung mit „perfekten Zähnen“ auch nicht als bloße reklamehafte Übertreibung. Der Verbraucher bringe Ärzten ein besonderes Vertrauen entgegen und gehe daher von einer gewissen Objektivität und Zurückhaltung bei Werbeangaben aus. Er messe ihren Angaben eine gewisse Autorität zu und sei daher weniger geneigt, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen.
Somit nähmen Verbraucher solche Angaben in Zweifel ernst, wovon auch bei der Werbung mit perfekten Zähnen auszugehen sei.
Fazit
Eine werbliche Irreführung ist nach dem Heilmittelwerbegesetz insbesondere dann gegeben, wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein medizinischer Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Bei der Werbung mit entsprechenden Aussagen ist daher Vorsicht geboten, wenn man wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen vermeiden will.