LG Hamburg:

Verfilmungen historischer Romane – die Päpstin

Beispiele für Verfilmungen historischer Romane finden sich in den letzten Jahren einige. Als Verfilmung eines Sprachwerks setzt eine solche grundsätzlich das Einverständnis des Urhebers oder des entsprechenden Rechteinhabers voraus. Die Besonderheit historischer Stoffe liegt jedoch darin, dass die zugrundeliegenden tatsächlichen Vorgänge grundsätzlich gemeinfrei sind. Es  stellt sich daher in diesen Fällen die Frage, ob mit der Verfilmung überhaupt in Urheberrechte eingegriffen wird, und inwieweit nicht eine freie Benutzung vorliegt, die auch ohne eine  Erlaubnis zulässig ist.

In seiner für diese Fallgruppe grundlegenden Entscheidung „Die Päpstin“ hatte sich das LG Hamburg mit einem Fall zu befassen, in dem ein Drehbuch für die Produktion einer Fernsehserie auf Grundlage des im Jahre 1996 in den USA erschienen Romans „Pope Joan“ ohne Einwilligung der Urheberin stattgefunden hatte.

The Dome with beautifull skyGegenstand des Romans ist das Leben der Johanna von Ingelheim, die als Mönch verkleidet von einem Kloster in Fulda nach Rom gezogen und im Vatikan zum Papst gewählt worden sein soll. Ob es sich dabei um eine historische Tatsache handelt oder um eine Legende ist in der Wissenschaft nach wie vor umstritten. 
Der Roman „Pope Joan“ wurde in Deutschland in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Päpstin“ verkauft. Die Beklagte, eine amerikanische Filmproduktionsgesellschaft, plante eine Verfilmung des Lebens der Johanna von Ingelheim als TV-Serie, die auch in Deutschland unter dem Titel „Die Päpstin Johanna“ ausgestrahlt werden sollte. Ein entsprechendes Drehbuch, sowie Vorverträge für die Ausstrahlung im deutschen Fernsehen lagen bereits vor. 
Die Klägerin machte geltend, durch die Verfilmung des Drehbuchs zum Zwecke der Fernsehausstrahlung in ihren Rechten als Autorin des Romans „Pope Joan“, sowie durch die Verwendung der Bezeichnung „Die Päpstin“ in ihren Titelrechten an der deutschen Ausgabe ihres Romans verletzt zu werden.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht (LG Hamburg, Urteil vom 31.01.2003, Az.: 308 O 324/01, die Päpstin) stellte fest, dass neben dem Roman als solchem, auch einzelne Teile, sowie dessen Inhalt urheberrechtsschutzfähig seien. Zwar sei die Nacherzählung tatsächlicher historischer Ereignisse und Legenden grundsätzlich keinem Urheberrechtsschutz zugänglich, werde jedoch ein gewisser gestalterischer Spielraum genutzt, etwa weil nur einzelne Begebenheiten aus dem Leben der historischen Figur bekannt seien, so könne im Rahmen des möglichen gestalterischen Spielraums Urheberrechtsschutz erlangt werden.

Eine freie Benutzung des Romans der Klägerin könne gemäß den in der Rechtsprechung geltenden Voraussetzungen nur angenommen werden, wenn die übernommenen Werkteile in dem neuem Werk verblassen würden. Eine freie Benutzung liege daher nicht mehr vor, wenn prägende inhaltliche Elemente übernommen wurden und dem Drehbuch in seinem Verlauf an dramaturgisch entsprechender Stelle eingefügt worden seien. Bei historischen Stoffen, die vom Autor der Literaturvorlage durch Hinzufügungen nicht historischer Geschehnisse dramatisiert oder ausgeschmückt wurden, liege in der Übernahme dieser eigenschöpferisch geschaffenen Elemente grundsätzlich eine unfreie Bearbeitung. Dies könne auch für einzelne Charaktere eines Romans der Fall sein, sofern es sich um eigenpersönlich, geprägte, formbildende Elemente handele.

Das Gericht bejahte aufgrund der Übernahme derartiger Elemente einen Unterlassungsanspruch, um der Beklagten die Verwendung des Drehbuchs für eine Verfilmung zu verbieten.

Eine Verletzung der Klägerin an ihrem Titelrecht „Die Päpstin“ verneinte das Gericht, mangels für einen Unterlassungsanspruch notwendiger Erstbegehungsgefahr. Das Gericht stellte dabei auf den Titel „Die Päpstin“ ab. Da der Arbeitstitel des Drehbuchs „Joanna the Pope“ laute, sei dieser Titel, auch wenn ihm als Werktitel Urheberrechtsschutz zukomme und unter Berücksichtigung der deutschen Übersetzung „Johanna die Päpstin“, nicht für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr ausreichend.

Fazit

Grundsätzlich sind historische Tatsachen oder Legenden nicht einem Urheberrechtsschutz zugänglich. Ergeben sich jedoch Spielräume für eine eigenschöpferische Leistung kann für diese Leistung ein Urheberrechtschutz beansprucht werden. Die Benutzung solcher urheberrechtsschutzfähigen Elemente ist ohne Einwilligung des Urhebers nur dann möglich, wenn diese in dem neuen Werk nicht mehr erkennbar im Vordergrund stehen. Werden diese jedoch unverändert übernommen liegt, wie hier, eine unfreie Bearbeitung vor, die nicht ohne Einwilligung des Urhebers möglich ist.

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