Darf man Videoaufnahmen auf YouTube verbreiten, auf denen das Opfer eine Straftat erkennbar ist? Oder kann sich das zu erkennende Opfer dagegen wehren? Das Landgericht Essen hat sich hierzu geäußert.
Im November 2013 befand sich ein Personenschützer im Bereich des Unterbacher Sees in Düsseldorf. Der Parkplatz am Nordstrand gilt als bekannter Sex-Treff. Der Personenschützer hielt sich dort zum Zweck der Observierung auf. Plötzlich wurde der Personenschützer von einem unbekannten Täter mit einer Waffe bedroht. Daraufhin zog der Personenschützer seine Waffe und es kam zu einem Schusswechsel. Der Täter flüchtete. Der Personenschützer rief die Polizei, die kurz nach dem Überfall mit der Feuerwehr am Tatort eintraf und eine Fahndung nach dem Mann einleitete.
Ein Fernsehteam tarf ebenfalls am Tatort ein und nahm den Tatort und die dort befindlichen Personen auf, darunter den Personenschützer. Die Videoaufnahmen wurden anschließend über einen YouTube-Kanal verbreitet, auf dem der Personenschützer unverpixelt zu erkennen ist. Später wurden Ausschnitte und Fotos aus dem Video auch bundesweit in Zeitungen und im Fernsehen veröffentlicht.
Der Personenschützer hatte zu keinem Zeitpunkt in die Aufnahmen eingewilligt und wollte eine weitere Verbreitung des Videos verhindern.
Zwar wurde der Film auf YouTube am 20.11.2013 gelöscht, aber eine Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben.
Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Essen (Urteil vom 05.06.2014 – Az. 4 O 107/14) lehnte die Ansprüche des Personenschützers gegen die Fernsehproduktionsgesellschaft ab.
Zwar habe der Personenschützer als Opfer nicht in die Veröffentlichung eingewilligt, er sei durch den Vorfall jedoch zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden, was die Verbreitung der Aufnahme zulässig mache.
Es bestand ein öffentliches Interesse an den betreffenden Aufnahmen. Bei dem Überfall handelt es sich nicht um eine alltägliche, sondern durchaus spektakuläre Straftat. Die Berichterstattung über solche Straftaten einschließlich des Hergangs und des Tatorts erfüllt ein allgemeines Informationsinteresse.
Die Videoaufnahme zeigt das Opfer auch nicht in einer Art und Weise, die dazu führen würde, dass die Verbreitung der Aufnahme unzulässig wird. Dementsprechend war die Verbreitung der Aufnahme zulässig.
Fazit
Der Fall zeigt einmal mehr, dass es bei Eingriffen in das Recht am eigenen Bild stets auf eine Abwägung im Einzelfall ankommt. Vorliegend wurde das Video zeitnah gelöscht, so dass die Frage, ob die Aufnahme heute noch verbreitet werden dürfte, nicht Gegenstand des Verfahrens war. In dem Fall dürfte die Entscheidung aber wohl zu Gunsten des Personenschützers ausfallen.
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