Wann urheberrechtlich geschützte Werke als „Wesentliches Beiwerk“ vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden dürfen, ist insbesondere für die Produktion von Spielfilmen und Dokumentarfilmen von großer Bedeutung. Dennoch ist diese Frage auch 30 Jahre nach ihrer gesetzlichen Regelung noch im Wesentlichen ungeklärt. Eine interessante Entscheidung kam nun aus dem Bereich der Werbung.
War aufgrund der bisherigen Rechtsprechung bei der Annahme Wesentlichen Beiwerks starke Zurückhaltung geboten, hat das OLG Köln (Urteil vom 23.08.2013, Az. 6 U 17/13) nun sogar eine Abbildung eines Kunstwerks in einem Möbelprospekt für zulässig erachtet.
Der Kläger, Urheber eines Gemäldes „ohne Titel 2002/08“ hatte der Beklagten, einer Herstellerin von Büromöbeln, das Gemälde und mehrere andere Werke für deren Verkaufsräume zur Verfügung gestellt. Nach Rückgabe des Gemäldes an den Kläger stellte dieser verwundert fest, dass die Beklagte das Gemälde, zudem ohne Urhebernennung, auf ihrer Internetseite öffentlich zugänglich gemacht und in einem Printprospekt abgebildet hatte. Der Kläger hatte abgemahnt und Unterlassung und Auskunft über Art, Maß und Dauer der Nutzung gefordert. Die Beklagte gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber die Auskunft. Der Kläger reichte deshalb vor dem LG Köln Klage auf Auskunft und anschließender Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr auf. Nachdem das LG Köln eine Urheberrechtsverletzung verneinte, legte der Kläger Berufung ein.
Entscheidung des Gerichts
Auch das OLG Köln sah keine Ansprüche gegen die Beklagte gegeben. Das Gemälde sei auf den Abbildungen lediglich unwesentliches Beiwerk. Die öffentliche Zugänglichmachung und Vervielfältigung durch die Beklagte sei daher zulässig.
Von einem unwesentlichen Beiwerk sei dann auszugehen, wenn das Beiwerk keine inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand aufweise und für diesen aufgrund seiner Zufälligkeit und Beliebigkeit ohne Bedeutung sei. Der eigentliche Gegenstand müsse in einer Weise im Vordergrund stehen in der das Beiwerk letztlich auch ausgetauscht werden könne ohne dass diese bemerkt werde. Was unter dem „eigentlichen Gegenstand“ zu verstehen ist, sei dem Gesamtzusammenhang zu entnehmen. Im vorliegenden Fall sei dies die Internetseite bzw. das Printprospekt der Beklagten.
Zweck des Kataloges sei mithin die Förderung des Absatzes der von der Beklagten hergestellten Büromöbel. Diese stünden auch erkennbar im Vordergrund. Bei den abgebildeten Gegenständen handle es sich um reine Staffage, die ohne weiteres austauschbar sei. Auch auf der Internetseite trete das Gemälde nicht erkennbar hervor. Das Gemälde werde vielmehr so klein und vergröbert dargestellt, das Details des Gemäldes nicht mehr erkennbar seien. Aufgrund dessen sei das Gemälde als unwesentliches Beiwerk anzusehen.
Fazit
Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln überzeugt nicht. Auch wenn die Gestaltung im Einzelfall dies manchmal (unfreiwillig) nahelegt, kommen Hintergründe von Katalogfotos in der Regel nicht „zufällig“ zustande, sondern werden bewusst ausgewählt. Dies weiß auch der durchschnittliche Betrachter, ein anderer Eindruck kann daher nicht entstehen. Allein eine lieblose und deshalb beliebig wirkende Gestaltung kann jedenfalls kein Freibrief für eine Nutzung von Kunst in Werbeprospekten sein. Nur soweit das Gericht sich zur Begründung auf die Verkleinerung und Vergröberung stützt, kann dies als Argument gelten. Sofern das Kunstwerk aber erkennbar bleibt, hätte dies den bisherigen Voraussetzungen der Rechtsprechung für die Annahme eines Wesentlichen Beiwerks nicht genügt. Mit der Entscheidung des OLG Köln sind diese Voraussetzungen nun wieder vollkommen offen.
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