Fernsehwerbung wird von vielen Zuschauern als störend empfunden. Die Beklagte produzierte und vertrieb daher ein für den Fernseher oder Videorekorder bestimmtes Vorschaltgerät mit dem Namen „Fernsehfee“, welches automatisch in den Werbepausen auf einen werbefreien Sender wechselte. Die Klägerin, ein deutscher Privatsender, sah darin ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten und reichte Klage ein, über die im Jahr 2004 schließlich der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung zu urteilen hatte.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten das Unterlassen der Produktion, des Vertriebs, der Bewerbung des Produkts sowie Befehlsignale auszustrahlen bzw. ausstrahlen zu lassen, die die Werbepausen der Klägerin blocken. Zudem sah sich die Klägerin in ihrer grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit verletzt. Die Beklagte bestritt dagegen ein für den Unterlassungsanspruch notwendiges Wettbewerbsverhältnis, da sie in einer anderen Branche und Wirtschaftsstufe tätig sei als die Klägerin. Die Klägerin sei auch nicht in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit behindert, da die Zuschauer weiter selbst entscheiden könnten, ob sie Werbung sehen möchten oder nicht. Schließlich werde auch die Pressefreiheit der Klägerin nicht angegriffen, da diese lediglich vor staatlichen Eingriffen schütze.
Entscheidung des Gerichts
Der BGH (Urteil vom 24.06.2004, Az.: I ZR 26/02 – Fernsehfee) sah in dem Handeln der Beklagten kein wettbewerbswidriges Verhalten und verneinte folglich einen Unterlassungsanspruch.
Zunächst stellte der BGH fest, dass die Klägerin und die Beklagte in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stünden. Dazu sei nicht erforderlich, dass sie sich in derselben Branche bewegten sondern ausreichend, dass die Beteiligten durch eine Handlung in Wettbewerb miteinander getreten seien. Die Klägerin biete gegen Entgelt Werbeplätze zur Verfügung. Dies sei ihre Finanzierungsgrundlage. Außerdem biete sie Zuschauern die unentgeltliche Möglichkeit ihr Programm zu sehen. Die Beklagte wende sich ebenfalls an die Fernsehzuschauer, die die Werbung umgehen möchten und während den Werbepausen einen anderen, werbefreien Sender sehen möchten. Durch das Umgehen der Werbepausen werde die Attraktivität des Fernsehsenders für Werbekunden gemindert, da diese eine hohe Erreichbarkeit von Zuschauern anstrebten. Dadurch entstehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
Allerdings sah der BGH kein wettbewerbswidriges Verhalten seitens der Beklagten gegeben. Eine wettbewerbswidrige Behinderung setze voraus, dass die wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Wettbewerbers beeinträchtigt werden. Dies könne sich auf Absatz, Bezug, Werbung, Produktion, Finanzierung oder Personal beziehen. Eine unmittelbare Behinderung finde aber nicht statt, da die Beklagte nicht auf Sendebeiträge und Werbung unmittelbar einwirke. Die Benutzung des Vorschaltgeräts sei den Zuschauern überlassen.
Auch eine mittelbare Beeinträchtigung lehnte das Gericht ab, da die Fernsehfee die Klägerin nicht daran hindere, ihre Leistung auf dem Markt in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Zwar stehe das Angebot der Fernsehfee nicht im Einklang mit den Interessen der Klägerin, dies reiche aber nicht für die Annahme eines wettbewerbswidrigen Verhaltens. Hierfür sei zusätzlich notwendig, dass sich die Beklagte nicht wettbewerbseigener Mittel bediene. Zwar könne auch die Beeinträchtigung der Werbung eines Mitbewerbers eine unlautere Behinderung darstellen, dazu müsste aber eine Beeinträchtigung der Werbewirkung vorliegen. Im vorliegenden Fall würde aber die betreffende Werbung nur diejenigen Zuschauer nicht erreichen, die sich ohnehin bewusst dafür entschieden haben, keine Werbung sehen zu wollen.
Eine allgemeine Marktbehinderung scheide unter Berücksichtigung der beiderseitigen Grundrechtspositionen und der Interessen der Allgemeinheit aus, da durch die Fernsehfee die geschäftliche Tätigkeit der Beklagten zwar erschwert werde, aber nicht existenziell bedroht.
Die Klägerin werde zudem nicht in ihrer Rundfunkfreiheit verletzt. Diese biete keinen Anspruch auf ungestörte geschäftliche Betätigung, sowie keinen Bestandsschutz durch die Zuerkennung zivilrechtlicher Ansprüche. Auch Medienunternehmen müssten sich den Herausforderungen des Marktes stellen.
Fazit
Ein Wettbewerbsverhältnis kann auch aufgrund einer konkreten Handlung entstehen und setzt nicht voraus, dass sich die Beteiligten in der gleichen Wirtschaftsbranche bewegen. Nicht jedes Verhalten, dass geeignet ist die Einnahmen eines anderen Unternehmen zu schmälern, muss zwingend ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen.
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