Das Focus Magazin veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der Top Mediziner in Deutschland. Viele Ärzte wollen dies für sich werblich nutzen und werben mit einem entsprechenden Siegel „Focus Top Mediziner“ für ihre Praxen. Die Wettbewerbszentrale beanstandete das Focus Siegel nun als wettbewerbswidrig.
Das Focus Magazin veröffentlicht regelmäßig eine Publikation mit Empfehlungen zu Top Medizinern in Deutschland, in der die entsprechenden Ärzte in einer Liste aufgeführt werden.
Gegen eine zu bezahlende jährliche Lizenz in Höhe von € 1.900,- netto an den Verlag erhalten Ärzte die in der Liste aufgeführt sind, ein personalisiertes Focus Top Mediziner Siegel für Werbezwecke.
Die Wettbewerbszentrale sieht in den werblich verwendeten Siegeln eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise.
Es würden Spitzenstellungsbehauptungen aufgestellt, ohne dass ein dauerhafter Vorsprung aufgrund von objektiven und nachprüfbaren Kriterien vorliege. Maßgeblich seien vielmehr subjektive Kriterien wie die Bewertung durch Patienten, die Kollegenbewertung und die eigene Bewertung. Das Bewertungssystem der Beklagten sei nicht geeignet, einen dauerhaften und erheblichen qualitativen Vorsprung der ausgewählten Ärzte vor anderen Ärzten zu ermitteln.
Daher beantragte die Wettbewerbszentrale dem Verlag das Anbieten der Siegel an Ärzte zu verbieten.
LG München I zum Focus Top Mediziner Siegel
Das Landgericht München I (Urteil vom 13.02.2023) urteilte zugunsten der Wettbewerbszentrale.
Mit den Siegeln werde bei deren angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt, dass die betreffenden Ärzte, die als „TOP-Mediziner“ bezeichnet bzw. empfohlen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplin einnehmen.
Die von Focus gegen Bezahlung einer nicht unerheblichen Lizenzgebühr vergebenen Siegel hätten die Aufmachung eines Prüfzeichens und würden in den Medien auch als solche werbend verwendet. Die Siegel würden vom Verkehr ähnlich wie Prüfsiegel der Stiftung Warentest aufgefasst. Diese würden daher davon ausgehen, die betreffenden Ärzte seien aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden.
Vielmehr würden Kriterien berücksichtigt, die auf ausschließlich subjektiven Elementen beruhen, wie z.B. die Kollegenempfehlung oder die Patientenzufriedenheit.
Zwar seien Ärzterankings ebenso wie Anwaltsrankings als Werturteile grundsätzlich zulässig. Durch die gegen ein nicht unerhebliches Entgelt gewährte Lizenzierung von Gütesiegeln, die den Anschein eines objektiven Prüfzeichens erwecken, werde jedoch gerade der Bereich der von der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gedeckten redaktionellen, bewertenden Beurteilung verlassen und der irreführende Eindruck erweckt, es gebe tatsächliche, objektiv nachprüfbare Kriterien, die zur Verleihung des Gütesiegels geführt hätten.
Das Focus Top Mediziner Siegel erwecke gerade nicht den Eindruck, dass diesem eine mathematisch nicht nachvollziehbare Wertungsentscheidung zugrunde liege. Das vermeintlich durch das Siegel objektive Qualitätsurteil sei in Wahrheit ein rein subjektives, das von vielen durch Ärzte und ihre Leistungen nicht beeinflussbare Faktoren abhänge.
Fazit
Das Urteil des LG München I dürfte für einige Aufregung unter betroffenen Ärzten und Anwälten – für die es ein vergleichbares Focus Siegel gibt – sorgen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig und es dürfte wohl Berufung eingelegt werden.
Ärztelisten und Anwaltsrankings sind und bleiben auch nach dem Urteil grundsätzlich zulässig. Entsprechende Siegel dürfen aber nicht den Eindruck erwecken es handele sich um ein Prüfsiegel, wenn es tatsächlich keine objektive Prüfung gibt.