Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) hatte sich mit dem als Marke angemeldeten Zeichen „Endlagerforschungszentrum“ zu beschäftigen. Die Markeneintragung wurde allerdings verwehrt, obwohl es sich um eine Wortneuschöpfung handelt. Zurecht?
Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH hat die europäische Marke „Endlagerforschungszentrum“ für Dienstleistungen im Bereich der Forschung, der Atomenergie und der Suche nach geeigneten Endlagern angemeldet. Die Anmeldung wurde zurückgewiesen. Die Markenanmelderin legte Beschwerde ein, sodass sich die Beschwerdekammer des EUIPO mit der Angelegenheit befassen musste.
Die Markenanmelderin führte an, dass die Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise. Dies ergäbe sich daraus, dass der Begriff „Endlagerforschungszentrum“ eine sprachunübliche Wortneuschöpfung darstellen würde. Der Begriff sei in keinem Wörterbuch aufgeführt. Er handele sich um einen Begriff der vor über 25 Jahren von der Markenanmelderin geschaffen worden sei und ausschließlich von ihr benutzt werde.
Wortneuschöpfung und Unterscheidungskraft – die Entscheidung des Amts
Die Beschwerdekammer des EUIPO (Entscheidung vom 10.10.2022 – R 769/2022-1) bestätigt die Zurückweisung der Anmeldung.
Das Amt hält zunächst fest, dass das Zeichen sich aus mehreren Begriffen der deutschen Sprache zusammensetzt. In der deutschen Sprache könne durch Zusammenfügen von zwei oder mehreren Nomen neue Wörter gebildet werden. Die Wortneuschöpfung ist daher gemäß den Regeln der deutschen Grammatik gebildet. Die einzelnen Wörter der Wortneuschöpfung sind sowohl dem Verbraucher als auch den Fachkreisen bekannt.
Der Gesamtbegriff ist daher nicht mehr als die Summe seiner Bestandteile. Es geht um ein Forschungszentrum, das sich mit Endlagern auseinandersetzt.
Das Amt kann daher keine sprachunübliche Wortneuschöpfung erkennen. Der Umstand, dass das Wort nicht in Wörterbüchern erhalten ist, steht dem nicht entgegen. Zum einen Beanspruchen die Wörterbücher keine Vollständigkeit. Zum anderen setzt die Sprachunüblichkeit voraus, dass ein Begriff entgegen den Regeln der Grammatik gebildet ist oder der Sinngehalt von der bloßen Summe seiner Bestandteile abweicht.
Der Prozess der Wortschöpfung ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht relevant. Eine Marke entsteht nämlich nicht aus einer Kreation. Sie beruht auch nicht auf einem Element von Originalität oder Vorstellungsvermögen. Allein ihre Eignung, die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt von gleichartigen Waren anderer Anbieter zu unterscheiden ist relevant.
Da sich alle angemeldeten Dienstleistungen auf Forschungsdienstleistungen beziehen, die teilweise explizit Endlager betreffen, weist das Zeichen keine Unterscheidungskraft auf.
Fazit
Für die Eintragung einer Marke ist eine hinreichender Unterscheidungskraft des Zeichens erforderlich. Diese kann sich daraus ergeben, dass es sich um eine Wortneuschöpfung handelt. Sprachlich kreative, über den Sinngehalt der einzelnen Bestandteile hinausgehende, sowie sprachlich-grammatikalisch unzutreffende Wortneuschöpfung können unterscheidungskräftig sein. Grammatikalisch korrekt gebildete Begriffe, die bezüglich der angemeldeten Waren und/oder Dienstleistungen einen beschreibenden Sinngehalt aufweisen, sind hingegen nicht geeignet die Herkunftsfunktion einer Marke zu erfüllen.
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