LG Berlin:

Datenschutzbestimmungen von Google rechtswidrig!

Das Landgericht  Berlin hat entschieden, dass Datenschutzklauseln von Google wegen Versoßes gegen deutsches Datenschutzrecht nicht weiterverwendet werden dürfen.

Ausländische Inernetkonzerne verwenden häufig Datenschutzbestimmungen aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis. Die Frage ist, ob diese gegenüber deutschen Nutzern anwendbar sind.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) hatte nun auch 13 Datenschutzklauseln angezweifelt und begehrte, den Marktführer unter den Internetsuchmaschinen dazu zu verurteilen, die Verwendung der Klauseln zu unterlassen.  Das Gericht gab dem vzbv recht.

Entscheidung des Gerichts

Das LG Berlin hatte in seinem Urteil vom 19.11.2013 – Az. 15 O 402/12  zunächst darüber zu entscheiden, ob für die Frage der Rechtmäßigkeit der Datenschutzbestimmungen überhaupt deutsches Recht anzuwenden sei. Das Gericht bejahte dies, weil bei Verträgen, die ein Verbraucher mit einem Unternehmer schließe, das Recht des Staates maßgeblich sei, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe, soweit die Tätigkeit des Unternehmens auf irgend eine Weise auf den Heimatstaat des Verbrauchers ausgerichtet sei.  Die Frage des anwendbaren Rechts hatte das OVG Schleswig in der Sache Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz (ULD)/ Facebook anders entschieden.

Das LG Berlin nahm an, dass gesetzliche Bestimmungen, nach denen ausnahmsweise die Erhebung und Verwendung der gewünschten Daten erlaubt sein kann, nicht erfüllt seien. Daher bedürfe es einer –  wirksamen – Einwilligung des Nutzers in die von Google gewünschte Datennutzung.  Diese Voraussetzung sei aber nicht erfüllt. Hierzu führte das Gericht aus, im Zusammenhang mit folgender Anmelde-Maske:

Ich stimme den Nutzungsbedingungen von Google zu und habe die Datenschutzerklärung gelesen.“

müsse der Verbraucher zwar zunächst davon ausgehen, dass er zu den datenschutzrechtlichen Regelungen seine Zustimmung erteile.  Im folgenden waren aber die einzelnen Bestimmungen aus der Datenschutzerklärung zu beurteilen.

Die Klausel:

„Wir  werden  personenbezogene  Daten  an  Unternehmen,  Organisationen  oder Personen außerhalb von Google weitergeben, wenn wir nach Treu und Glauben davon  ausgehen  dürfen,  dass  der Zugriff auf diese  Daten  oder ihre  Nutzung, Aufbewahrung oder Weitergabe vernünftigerweise notwendig ist,

  • um  anwendbare  Gesetze,  Regelungen,  oder  anwendbares  Verfahrensrecht einzuhalten  oder  einer  vollstreckbaren  behördlichen  Anordnung  nachzukommen 
  • geltende  Nutzungsbedingungen  durchzusetzen,  einschließlich  der  Untersuchung möglicher Verstöße 
  • Betrug, Sicherheitsmängel oder technische Probleme aufzudecken, zu verhindern oder anderweitig zu bekämpfen 
  • die  Rechte,  das  Eigentum  oder  die  Sicherheit von  Google,  unserer  Nutzer oder der Öffentlichkeit vor Schaden zu  schützen,  soweit gesetzlich zulässig oder erforderlich.“

wurde für rechtswidrig gehalten. Das Gericht kam zu der Annahme, diese Klausel sei zu unbestimmt formuliert, um eine informierte und bewusste Entscheidung des Verbrauchers über die Einwilligung herbeizuführen.

Der gesetzliche Ausnahmefall, wonach bestimmte Daten auch ohne Einwilligung zu Zwecken der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr durch Polizeibehörden, Verfassungsschutzbehörden etc. übermittelt werden dürfen, werde erweitert auf alle Gesetze, Regelungen und behördlichen Anordnungen. Damit sei die Klausel nicht geeignet, eine informierte und bewusste Entscheidung des Verbrauchers über die Einwilligung herbeizuführen.

Die Klausel:

„Falls Google an einem Unternehmenszusammenschluss, einem Unternehmenserwerb oder einem  Verkauf von  Vermögensgegenständen  beteiligt ist, werden wir weiterhin dafür sorgen, die Vertraulichkeit jeglicher personenbezogener Daten  sicherzustellen  und  wir werden  betroffene  Nutzer  benachrichtigen,  bevor personenbezogene  Daten  übermittelt  [oder  Gegenstand  einer  anderen  Datenschutzerklärung] werden.“

beziehe sich auf zukünftige Umstände, bei deren Eintreten die  Kundendaten möglicherweise an Dritte weitergegeben würden. Darunter stelle die Nicht-Weitergabe an Dritte bei Unternehmenszusammenschlüssen nur einen Teilaspekt dar. Der Verbraucher erkenne aber nicht im erforderlichen Maße, an wen seine Daten möglicherweise weitergegeben würden. Eine „Blanko-Einwilligung“ (so wörtlich), die nicht auf die konkreten Umstände hinweise, erfülle nicht die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung.

Die Klausel:

„Bei  der Nutzung  standortbezogener Google-Dienste erheben  und  verarbeiten wir möglicherweise  Informationen  über Ihren tatsächlichen Standort,  wie zum Beispiel  die  von  einem  Mobilfunkgerät  gesendeten  GPS-Signale.“

zur Erhebung sog. Geo-Daten sei nicht bereits nach gesetzlichen Ausnahmebestimmungen erlaubt. Daher bedürfe es wiederum einer wirksamen Einwilligung des Verbrauchers. Der Verbraucher könne aber aufgrund der Unbestimmtheit der Klausel nicht überschauen, ob die Daten möglicherweise auch zu Werbezwecken verwendet würden; der Wortlaut lasse das nicht erkennen.

Die Klausel:

„Wir verwenden verschiedene Technologien,  um Informationen zu erheben und zu  speichern,  wenn  Sie  einen  Google-Dienst aufrufen,  darunter auch  die Versendung von einem oder mehreren Cookies oder anonymen Kennungen an Ihr Gerät.  Darüber hinaus verwenden wir Cookies und anonyme Kennungen auch, wenn  Sie  mit  Diensten  interagieren,  die  wir  unseren  Geschäftspartnern anbieten,  wie  beispielsweise  Werbedienste  oder  Google-Funktionen,  die  auf anderen Webseiten angezeigt werden.“

eröffne die Möglichkeit zur Zusammenführung der erhobenen Daten mit den bereits bekannten personenbezogenen Daten. Die Erstellung von Nutzungsprofilen ist jedoch nur in engen Grenzen gesetzlich erlaubt; sie dürfen u.a. nur unter Verwendung von Pseudonymen erstellt werden. Dass Google dies einhält, sei dem Wortlaut der Klausel nicht zu entnehmen.

Google hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Fazit

Das Urteil des LG Berlin zeigt, dass besonderes Augenmerk auf die präzise Formulierung von Datenschutzbestimmungen zu richten ist. Der Verbraucher muss die Erhebung und Verwendung seiner Daten überschauen können, um wirksam darüber entscheiden zu können, ob er in die gewünschte  Erhebung und Verwendung einwilligt oder nicht.

Das Urteil des LG Berlin stellt darüber hinaus eine weitere Entscheidung zur Frage des anwendbaren Rechts bei Diensten ausländischer Anbieter im Netz wie Google, Facebook und Co. dar.

 

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