Bestimmte Lebensmittel wie beispielsweise Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch und Käse können als geografische Herkunftsangaben bzw. Ursprungsbezeichnung EU-weit geschützt werden. Das Produkt ist dadurch gekennzeichnet, dass es aus einem bestimmten Ort, aus einer bestimmten Gegend oder aus einem bestimmten Land kommt. Doch worauf bezieht sich der Schutz? Ist er auf den Produktnamen beschränkt oder geht er darüber hinaus? Der EuGH gibt eine Antwort.
Der „Morbier“ ist ein Rohmilchkäse aus einer bestimmten Region in Frankreich. Charakteristisch für diesen Käse ist sein Aussehen – mittig befindet sich ein waagerechter schwarzer Streifen. Seit dem 22. Dezember 2000 trägt der „Morbier“ eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.). Dieser schwarze Streifen wird in der Beschreibung des Erzeugnisses ausdrücklich genannt.
Ein anderer französischer Käsehersteller ist nicht in dem Gebiet ansässig, dem die Bezeichnung „Morbier“ vorbehalten ist. Er vertreibt einen Käse, der zwar nicht den Namen „Morbier“ trägt, der jedoch auch einen waagerechten schwarzen Streifen aufweist.
Der französischer Käsehersteller wurde von einem französischen Verband im Jahr 2013 verklagt. Der Verband ist der Meinung, dass die Beklagte die geschützte Bezeichnung verletze sowie unlauter und rufausnutzend handele, indem sie einen Käse herstelle und vertreibe, der das äußere Erscheinungsbild des unter die geschützte Ursprungsbezeichnung „Morbier“ fallenden Erzeugnisses übernehme, um eine Verwechslung mit diesem hervorzurufen sowie die mit ihm verbundene Bekanntheit und sein Ansehen auszunutzen, ohne die Spezifikation der Ursprungsbezeichnung einhalten zu müssen.
Die Klage wurde im Jahr 2016/2017 in mehreren Instanzen von Pariser Gerichten mit der Begründung abgewiesen, dass die Regelung über die geschützte Ursprungsbezeichnung nicht darauf abziele, das Erscheinungsbild eines Erzeugnisses oder seine in der Spezifikation beschriebenen Eigenschaften zu schützen, sondern seinen Namen. Die Übernahme des Erscheinungsbilds eines Erzeugnisses falle unter die Handels- und Gewerbefreiheit.
Nach eingelegter Beschwerde wurde dem EuGH eine Frage zur Vorabentscheidung zur Auslegung der entsprechenden Verordnung vorgelegt.
Die Entscheidung des EuGH zum Schutzbereich einer Ursprungsbezeichnung
Der Europäische Gerichtshof vertritt eine andere Meinung als die Pariser Richter und entschied mit Urteil vom 17.12.2020 – C-490/19, dass Art. 13 Abs. 1 der Verordnungen Nrn. 510/2006 und 1151/2012 dahin auszulegen ist, dass er nicht nur die Verwendung des eingetragenen Namens durch einen Dritten verbietet und dass er die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds, die bzw. das für ein Erzeugnis charakteristisch ist, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, verbietet, wenn diese Wiedergabe den Verbraucher zu der Annahme veranlassen kann, dass das fragliche Erzeugnis von diesem eingetragenen Namen erfasst wird.
Der EuGH bestätigt zwar, dass nicht bezweckt wird „die Verwendung von Herstellungstechniken oder die Wiedergabe einer oder mehrerer charakteristischer Eigenschaften, die in der Spezifikation eines Erzeugnisses, das von einem eingetragenen Namen erfasst wird, angegeben sind“ einem Dritten zu verbieten. Geschützte Ursprungsbezeichnungen werden aber insoweit geschützt, als sie ein Erzeugnis bezeichnen, das eine bestimmte Güte oder bestimmte Eigenschaft aufweist. Somit seien die geschützte Ursprungsbezeichnung und das von ihr erfasste Erzeugnis eng miteinander verbunden.
Wenn die Wiedergabe der Form oder des Erscheinungsbilds eines Erzeugnisses, das von einem eingetragenen Namen geschützt wird, ohne dass dieser Name auf dem fraglichen Erzeugnis oder auf seiner äußeren Verpackung erscheint, geeignet ist, den Verbraucher in Bezug auf den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses irrezuführen, kann dies nach Auffassung des EuGH in den Anwendungsbereich der Bestimmung fallen.
Beim vorlegenden französischen Gericht ist der Rechtsstreit weiterhin anhängig. Die Entscheidung des EuGH zur Auslegung der Verordnung muss nun berücksichtigt werden.
Fazit
Der Schutz einer geschützten Ursprungsbezeichnung ist unter Umständen nicht auf den Schutz des Namens begrenzt. Eine geschützte Ursprungsbezeichnung kann auch vor einer Nachahmung eines zu ähnlichen Erscheinungsbildes schützen.
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