EuGH:

Kein Widerrufsrecht bei individuell hergestellter Ware

Verbrauchern steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht zu – außer bei individuell angefertigten Waren. Besteht daher kein Widerrufsrecht bei individuell hergestellter Ware? Der Europäische Gerichtshof hat sich hierzu geäußert.

Kein Widerrufsrecht bei individuell hergestellter Ware
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Eine Verbraucherin bestellte bei einem Möbelhändler eine Einbauküche. Teile der Küche hätten dabei bei einer Drittfirma angefertigt werden müssen. Dies hätte dazu geführt, dass einzelne Küchenelemente nach Anpassung in der Wohnung der Verbraucherin nicht mehr weiter verwendbar gewesen wären. Nach der Bestellung der individuell anzufertigenden Küche berief sich die Verbraucherin auf das ihr nach ihrer Ansicht zustehende Widerrufsrecht und verweigerte die Annahme der Küche.

Der Möbelhändler verklagte sie daraufhin auf Schadensersatz vor dem AG Potsdam. Nach Ansicht des Händlers sei der Widerruf des Kaufvertrages bei individuell herzustellender Ware ausgeschlossen. Die Kundin hingegen machte geltend, dass dem Unternehmer zum Zeitpunkt des Widerrufs noch keinerlei Schaden entstanden sei, denn die Anfertigung der Passstücke sei noch nicht einmal angestoßen worden.

Das AG Potsdam legte dem EuGH sodann die Frage vor, ob der Ausschluss des Widerrufsrechts der EU-Verbraucherrechterichtlinie auch dann gilt, wenn der Händler bzw. die Drittfirma zum Zeitpunkt des Widerrufs noch gar nicht mit der individuellen Fertigung begonnen hat.

Kein Widerrufsrecht bei individuell hergestellter Ware

Der EuGH (Urt. v. 21.10.2020, Az. C-529/19) hat das Bestehen eines Widerrufsrechts verneint und im Wesentlichen mit der Rechtssicherheit von Geschäften zwischen Unternehmern und Verbraucher begründet. Das deutsche Recht schließt das Widerrufsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) u.a. für den Fall aus, dass die Ware „eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten“ worden ist. Der EuGH musste nun beurteilen, ob diese nationale Regelung mit dem europäischen Recht in dem zugrundeliegenden Spezialfall in Einklang steht.

Nach Ansicht des EuGH sei die EU-Verbraucherrechterichtlinie dahingehend auszulegen, dass Situationen vermieden werden sollen, in denen das Bestehen oder der Ausschluss des Widerrufsrechts des Verbrauchers davon abhängt, wie weit die Vertragserfüllung durch den Unternehmer fortgeschritten ist. Denn über diesen Fortschritt werde der Verbraucher in der Regel weder nicht informiert noch habe er einen Einfluss darauf. Somit blieb es im vorliegenden Fall beim Ausschluss des Widerrufsrechts der Verbraucherin.

Fazit

Der EuGH stellte fest, dass die Ausnahme vom Widerrufsrecht bei individuell nach Verbraucherwünschen gefertigter Ware unabhängig davon ausgeschlossen bleibt, ob der Unternehmer bereits mit deren Herstellung begonnen hat oder nicht.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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