Müssen Online-Händler, wenn sie die Muster-Widerrufsbelehrung verwenden, in dieser auch eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme durch Verbraucher auflisten? Ob die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung verpflichtend ist, kommt nach Ansicht des EuGH auf die Umstände an.
Ein Online-Händler wurde von einem Mitbewerber abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Gegenstand der Abmahnung war eine nach der Ansicht des Mitbewerbers den gesetzlichen Erfordernissen nicht genügende Widerrufsbelehrung.
Konkret wurde dem Händler vorgeworfen, dass die Angabe seiner Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung fehle. Der beklagte Online-Händler hatte auf die Muster-Widerrufsbelehrung zurückgegriffen. Er hatte jedoch seine Telefonnummer nicht angegeben, obgleich ein Telefonanschluss vorhanden war und die Telefonnummer auf der Website (im Impressum sowie im unteren Bereich der Startseite) angezeigt wurde.
Der Rechtsstreit wurde zunächst am LG Arnsberg und in der Berufungsinstanz am OLG Hamm ausgetragen. Beide Instanzen sahen es als Wettbewerbsverstoß an, wenn die Telefonnummer des Online-Händlers nicht im zur Verfügung gestellten Muster-Widerrufsformular angegeben wird.
Schließlich wehrte sich der Händler gegen diese Beurteilung, indem er Revision beim BGH einlegte.
BGH fragt EuGH: Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung?
Der BGH legte dem EuGH (Urt. v. 14.05.2020, Az. C‑266/19) folgende Kernfrage des Rechtsstreits zur Beantwortung vor:
Ist eine Telefonnummer im Sinne des Gestaltungshinweises zur Muster-Widerrufsbelehrung (…) „verfügbar“, wenn der Unternehmer den Telefonanschluss zwar geschäftlich nutzt, aber nicht für den Abschluss von Fernabsatzverträgen verwendet und daher auch nicht zur Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen in Form einer Entgegennahme von Widerrufserklärungen vorhält?
In den Gestaltungshinweisen, denen der Unternehmer bei der Übermittlung der Muster-Widerrufsbelehrung an den Verbraucher zu folgen hat, ist folgenden Hinweis beigefügt:
Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Faxnummer und E‑Mail-Adresse ein.
Fraglich war in diesem Zusammenhang, wann die Telefonnummer eines Online-Händlers als „verfügbar“ gilt – und in diesem Fall, sofern die Muster-Widerrufsbelehrung verwendet wird, angegeben werden muss.
Der EuGH verwies auf seine frühere Rechtsprechung: Ein Unternehmer, der über eine Website einen Vertrag mit einem Verbraucher schließt und dafür kein Telefon benutzt, obgleich er für die Gestaltung anderer Aspekte der Tätigkeit seines Unternehmens über einen Telefonanschluss verfügt, sei grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Verbraucher die Nummer dieses Anschlusses im Rahmen der Muster-Widerrufsbelehrung mitzuteilen.
Etwas anderes gelte jedoch, wenn der Online-Händler seine Telefonnummer dergestalt auf seiner Website platziere, dass einem Durchschnittsverbraucher suggeriert werde, dass der Unternehmer diese Nummer für seine Kontakte mit Verbrauchern nutzt. Dies sei u. a. dann der Fall, wenn die Telefonnummer auf der Website unter einer mit „Kontakt“ bezeichneten Rubrik angegeben werde. Diese Telefonnummer sei somit auch als „verfügbar“ im Sinne der oben genannten Bestimmung anzusehen und müsse somit in die Belehrung aufgenommen werden.
Fazit
Bieten Händler in ihrem Online-Shop eine Kontaktmöglichkeit via Telefon, beispielsweise unter „Kontakt“, muss diese Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung angegeben werden.
Artikel als PDF speichern