BGH:

Panoramafreiheit bei in Architekturmodell integrierter Fotografie?

Durch die sog. Panoramafreiheit ist es in Deutschland jedem möglich, urheberrechtlich geschützte Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, bildlich wiederzugeben, sofern nicht andere Rechte entgegenstehen. Eine Erlaubnis des Urhebers bedarf es hierzu nicht. Gilt dies auch, wenn Fotografien von entsprechenden urheberrechtlich geschützten Werken in Architekturmodelle integriert und diese wiederum fotografiert werden?

Ein Künstler brachte auf einem verbliebenen Teil der Berliner Mauer ein Gemälde auf, das den Titel „Hommage an die jungen Generationen“ trägt und aus 16 sog. „Kopfbildern“ besteht. Der Mauerabschnitt ist unter der Bezeichnung „East Side Gallery“ bekannt und für die Öffentlichkeit allgemein zugänglich.

Panoramafreiheit East Side Gallery
mypokcik / Shutterstock.com

Eine Maklerin warb auf ihrer Internetseite mit einer Abbildung eines Architekturmodells für ein Immobilienprojekt, das auf dem hinter der „East Side Gallery“ gelegenen Grundstück errichtet werden sollte. Die Abbildung zeigte einen Teil des Wohnhochhauses und davor ein Modell der „East Side Gallery“ mit den „Kopfbildern“.

Hergestellt wurde die Fotografie wie folgt: Angefertigt wurde von der Straße aus eine Fotografie des Wandbildes, das verkleinert ausgedruckt, zurechtgeschnitten und auf den Mauerabschnitt in dem Architekturmodell geklebt wurde. Sodann wurde eine Fotografie des Architekturmodells samt „Kopfbilder“ erstellt.

Der Künstler ist der Ansicht,  es werde in sein ausschließliches Recht zum Vervielfältigen und öffentlichen Zugänglichmachen des Gemäldes eingegriffen und klagte auf Unterlassung und Kostenerstattung. Das LG Berlin gab ihm recht. Das Berufungsgericht wies seine Klage ab.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Panoramafreiheit

Die Revision des Künstlers wurde mit Urteil vom 19.01.2017 – Az. I ZR 242/15 – „East Side Gallery“ zurückgewiesen.

Der BGH verneinte einen Unterlassungs- und Kostenerstattungsanspruch. Zwar habe die Maklerin durch das Einstellen der Fotografie in das Internet das Gemälde vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht. Diese Nutzung des Werkes sei jedoch durch die Panoramafreiheit gedeckt.

Der BGH bestätigte, dass das UrhG nicht nur das Fotografieren eines Werkes, das sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet, gestatte, sondern darüber hinaus die (auch gewerbliche) Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe der Fotografie. Die Richter in Karlsruhe wiesen darauf hin, dass die zulässige zweidimensionale Vervielfältigung des Mauerbilds durch Lichtbild nicht durch die Verbindung eines Ausschnitts des Lichtbildes in dem Architekturmodell in eine unzulässige dreidimensionale Vervielfältigung umgewandelt worden sei. Denn  eine unzulässige Vervielfältigung des Werkes in dreidimensionaler Form liege vor, wenn zwischen der Fotografie und dem dreidimensionalen Träger nicht nur eine rein äußerliche, physische Verbindung geschaffen werde, sondern darüber hinaus eine innere, künstlerische Verbindung entstehe, so dass die Fotografie nicht lediglich von einem dreidimensionalen Objekt getragen werde, sondern mit diesem zu einem einheitlichen Werk verschmelze. Hier werde lediglich eine äußerliche Verbindung hergestellt und kein dreidimensionales Werk geschaffen.

Fazit

Das Aufbringen einer Fotografie eines geschützten Werkes auf einen dreidimensionalen Träger ist dann eine unzulässige Vervielfältigung des Werkes, wenn zwischen der Fotografie und dem dreidimensionalen Träger eine innere, künstlerische Verbindung, also ein einheitliches Werk entsteht. Es kommt darauf an, ob die Fotografie ihren Charakter als Lichtbild verliert.

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