Darf ein TV-Sender ein von einem Konkurrenten aufgenommenes und bereits ausgestrahltes Exklusivinterview in einer eigenen Fernsehsendung ausstrahlen oder stellt dies eine Urheberrechtsverletzung dar? Mit dieser Frage hatte sich jüngst der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen.
Der Fernsehsender ProSiebenSat1 gelang es ein Exklusivinterview mit Liliana Matthäus über den Stand der Ehe mit dem ehemaligen Fußballnationalspieler zu arrangieren. Das Interview wurde dann in der Life-Style Sendung „Stars & Stories“ ausgestrahlt.
Der TV-Sender Vox versuchte darauf hin für dessen TV-Sendung „Prominent“ eine Lizenz des Bildmaterials von ProSiebenSat1 zu erwerben. Eine solche wollte Sat1 aber nicht erteilen. Trotzdem verwendete Vox verschiedene Ausschnitte des Exklusivinterviews unter Angabe der Quelle in der Sendung „Prominent“.
Daraufhin hat ProSiebenSat1 den Fernsehsender Vox auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen und bekam in zwei Instanzen Recht. Vox legte gegen diese Entscheidung Revision ein, welche nun vom Bundesgerichtshof entschieden wurde.
Entscheidung des Gerichts
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 17.12.2015 – Az. I ZR 69/14 (Pressemitteilung) – die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, da es aus der Sicht des BGH versäumt wurde, alle streitentscheidenden Tatsachen festzustellen.
Zunächst stellte der BGH klar, dass Vox durch die teilweise Übernahme auf jeden Fall in das Leistungsschutzrecht (ein dem Urheberrecht ähnliches Recht) eingegriffen habe. Ob dieser Eingriff wiederrechtlich sei oder die Übernahme des Exklusivinterviews in diesem Fall ausnahmsweise erlaubt könne ohne weitere Feststellungen nicht entschieden werden.
Eine Rechtfertigung für die Verletzung des Leistungsschutzrechtes könne aber nicht aus der urheberrechtlichen Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse hergeleitet werden, da es Vox zumutbar sei, vor Übernahme des Bildmaterials in seine Sendung „Prominent!“ die Zustimmung und Lizenz des Rechteinhabers einzuholen.
Vox könne sich aber möglicherweise auf das sog. Zitatrecht berufen. Es sei dafür nicht erforderlich, dass sich Vox in erheblichem Umfang mit dem übernommenen Werk, also dem Exklusivinterview, auseinandersetze. Es reiche aus, dass das fremde Werk als Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheine. Dies sei im Streitfall zu bejahen, weil die Sendungen der Beklagten die Selbstinszenierung von Liliana Matthäus in den Medien zum Gegenstand hatte und die übernommenen Interviewausschnitte hierfür als Beleg verwendet wurden. Ob das Zitatrecht ausgeschlossen sei, weil Vox Schlüsselszenen des Exklusivinterviews übernommen habe und dadurch die kommerziellen Verwertbarkeit des Werkes von ProSiebenSat1 erschwert habe, werde durch die Feststellungen der Vorinstanzen nicht im ausreichenden Maße aufgeklärt und müsse nun erfolgen.
Fazit
Nach dem Urhebergesetz ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats zulässig, sofern die Nutzung des Werkes in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Dies ist nach Auffassung des BGH hier der Fall, da die Selbstinszenierung der Spielerfrau Liliana Matthäus das Thema der Berichterstattung war und Vox die Ausschnitte des Exklusivinterviews als Beweis verwendete. Ob Vox dabei die Grenzen überschritten hat und zu viel des Werkes verwendet hat muss nun noch festgestellt werden.
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