HABM:

Marke Wanderhure sittenwidrig?

Ist das Kennzeichen „Die Wanderhure“ ein sittenwidriger und damit nicht eintragungsfähiger Begriff? Diese Rechtsauffassung vertrat das Markenamt in Alicante und wies die Anmeldung der Marke wegen des Vorliegens absoluter Eintragungshindernisse ab.

WandernDer Herausgeber, die Verlagsgruppe Droemer Knaur, und die Autoren des Romans „Die Wanderhure“ Iny Klocke und Elmar Wohlrath, meldeten den Titel ihres Erfolgsromans beim europäischen Markenamt HABM in Alicante als Gemeinschaftsmarke für einzelne Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 16, 35, 38 und 41an.

Das HABM versagte die Anmeldung der Marke. Die Wortelemente des angemeldeten Zeichens bestünden auch aus dem Begriff „HURE“ als Synonym für Prostituierte, welches ein vulgärer und unanständiger Ausdruck und ein anstößiges Schimpfwort und damit nicht eintragungsfähig sei.

Gegen die Ablehnung der Eintragung Ihres Kennzeichens legte die Verlagsgruppe mit den Autoren Beschwerde ein.

Entscheidung des Markenamtes

Die Beschwerdekammer des HABM hob mit Entscheidung vom  28.05.2015  (Az. R 2889/2014-4) die Ablehnung des Markenamtes auf und ließ die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke „Die Wanderhure“ zu.

Zwar sei die Eintragung von Marken, die herabsetzend, diskriminierend, blasphemisch oder beleidigend seien oder zu Straftaten aufrufen gesetzlich verboten. Eine solche gegen die guten Sitten verstoßende Aussage müsse sich aber aus dem semantischen Gehalt des Wortzeichens als Ganzes ergeben. Dies sei hier nicht der Fall.

Der breite Publikumserfolg des Buches und auch der Verfilmung
beweise, dass die Öffentlichkeit an dem Inhalt des Buches – und erst recht nicht an dem Begriff, der dessen Titel darstellt – keinen Anstoß nehme. Auch die Stadt Konstanz habe kein Problem damit, offiziell spezielle Wanderungen „auf den Spuren der Wanderhure“ anzubieten.

Die angefochtene Entscheidung des Markenamtes vermische die Erwähnung eines Phänomens mit dem Phänomen selbst. So könne eine Markeneintragung nicht versagt werden weil ein Bestandteil des Kennzeichens als sittenwidriges Wort zu qualifizieren sei. Ginge man von diesem Maßstab aus, müssten alle Krimis, deren Titel
das Wort „Mord“ enthalten, der Schutz verweigert werden. Die angefochtene Entscheidung versäume es zwischen Fact und Fiction zu unterscheiden.

Das Anmeldezeichen enthält keine semantische Aussage, die auf eine bestimmte Person oder Gruppe von Personen bezogen werden könnte. Sie fordert auch nicht zu einer bestimmten Handlung auf. Der Gesamtbegriff spricht niemand direkt an und beleidigt niemand.

Daher habe das HABM der Gemeinschaftsmarkenanmeldung „Die Wanderhure“ nachzukommen.

Fazit

Wir können kein besseres Fazit formulieren, als die Vierte Beschwerdekammer des HABM dies in Anlehnung an die für die Marke angemeldeten Waren und Dienstleitungen selbst tat:

„Die Wanderdame darf also weiterwandern, und ihre Wanderwege können mit „wissenschaftlichen und Vermessungs-Instrumenten“ kartographiert, in „Loseblattsammlungen“ regelmäßig aktualisiert, mit „OCR-Zeichenerkennung“ aufbereitet, in „Chat-Rooms“ breitgetreten und zur „sportlichen Aktivität“ erklärt werden, wobei die Kammer selbstverständlich davon ausgeht, dass mit den beanspruchten „Erziehungs“-Dienstleistungen solche der gemeinnützigen Sozialarbeit gemeint sind und nicht solche der Erziehung zur Prostitution.“

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
+49 711 41019073

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