EUIPO:

Gesichter als Marke schutzfähig?

Kann man Gesichter als Marke schützen lassen? Verfügen Markenanmeldungen die lediglich Fotos von Gesichtern wiedergeben über die erforderliche Unterscheidungskraft? Die Beschwerdekammer des EUIPO hat sich in zwei Fällen hierzu geäußert.

Im Oktober 2017 meldete ein niederländische Unternehmen ein Foto einer Frau für

  • Dienstleistungen von Mannequins und Fotomodellen für Werbung oder Verkaufsförderung
  • Dienstleistungen von Models und Mannequins, Für Unterhaltungszwecke oder Zu Erholungszwecken

an.

Ebenfalls im Oktober 2017 meldete ein anderes niederländische Unternehmen ein Foto einer Frau für

  • Dienstleistungen von Mannequins und Fotomodellen für Werbung oder Verkaufsförderung
  • Dienstleistungen von Models und Mannequins, für Unterhaltungszwecke oder zu Erholungszwecken

an.

Der Prüfer beim EUIPO wies die Anmeldungen wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurück.

Die Bilder bestünden lediglich aus einer getreuen Darstellung des Kopfes/Gesichts einer jungen Frau. Die angemeldete Marke diene für die angemeldeten Dienstleistungen nicht dazu, diese von ähnlichen Leistungen anderer kommerzieller Herkunft zu unterscheiden.

Das angemeldete Zeichen stelle nur die Schaufensterpuppe oder das Fotomodell dar, das die Dienstleistung erbringe. Die Bilder könnten daher direkt zur Präsentation von entsprechenden Dienstleistungen dienen.

Obwohl eine Fotografie des Gesichts einer Person eine einzigartige Darstellung sei, gebe es kein Merkmal, kein Erinnerungselement und kein markantes Element, das dem Zeichen ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft verleihe, das es dem Verbraucher ermögliche, das Zeichen als solches wahrzunehmen. Einzigartigkeit und Unterscheidungskraft seien zwei unterschiedliche Begriffe. Jedes Gesicht sei zwar einzigartig, aber das bedeute nicht, dass es sofort als Hinweis auf die gewerbliche Herkunft der Herkunft der angefragten Dienstleistungen diene.

Bilder oder Fotografien von Personen können zwar bestimmte Personen oder Personengruppen darstellen, sind aber nichts weiter als eine banale Darstellung des Menschen im Allgemeinen, was bedeute, dass solche Bilder als für die fraglichen Dienstleistungen üblich angesehen werden.

Beschwerde gegen Zurückweisung der Gesichter als Marke

Die Anmelder legten gegen die Zurückweisung der Anmeldungen jeweils Beschwerde ein. Sie begründeten dies unter anderem wie folgt:

Besondere und originelle Merkmale seien Kriterien für die Unterscheidungskraft. Das Gesicht eines Erwachsenen ist genau das Element des menschlichen Körpers, das es den Menschen von anderen Menschen unterscheidet.  Das Gesicht eines Menschen könne negative oder positive Emotionen hervorrufen. Dies hat es dem Verbraucher bereits ermöglicht, eine Wahl auf der Grundlage dieser Emotion zu treffen. Vor allem bei Dienstleistungen sei die Erfahrung oft mit einer Person verbunden, nämlich mit der einzigartigen Person, die diese Dienstleistung erbringt.

Die Beschwerdekammern hätten in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass das Publikum eine fotografische Darstellung einer Person als Mittel zur Identifizierung der Herkunft von Waren
und Dienstleistungen wahrnehme.

So heiße es in einer der Entscheidungen:

Das Lichtbild des Gesichts einer Person in Form eines Passbildes ist eine einzigartige Darstellung dieser Person mit ihren spezifischen äußeren Merkmalen. Neben (u. a.) dem Familiennamen und dem Vornamen gilt die Darstellung des Gesichts in Form eines Passbildes zur Identifizierung dieser Personen und damit zur Unterscheidung von anderen Personen. Nach Ansicht der Kammer ist die fragliche Darstellung daher geeignet, die wesentliche Funktion einer Marke zu erfüllen, um die angemeldeten Waren und Dienstleistungen von denen anderer Herkunft zu unterscheiden.

Der Umstand, dass Abbildungen von Personen im Allgemeinen häufiger für den Verkauf oder die Erbringung von Waren und Dienstleistungen verwendet würden, ändere nichts an der Unterscheidungskraft der angemeldeten Zeichen.

Gesichter als Marke? Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO

Die 4 Beschwerdekammer des EUIPO entschied in beiden Fällen am 30.10.2023 zu Gunsten der Anmelder (Entscheidung R 1266/2023-4 und R 1255/2023).

Das absolute Eintragungshindernis der Unterscheidungskraft solle sicherstellen, dass die Verbraucher die betreffende Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft unterscheiden können. Eine Marke, die dazu diene, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Ware oder Dienstleistung von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, ist damit unterscheidungskräftig.

Die fraglichen Bilder sind eine getreue Darstellung eines weiblichen Kopfes/Gesichts in gewöhnlichen Farben und vor einem gewöhnlichen Hintergrund. Entgegen der Auffassung des Prüfers ermögliche dieses Bild den maßgeblichen Verkehrskreisen, die fraglichen Dienstleistungen von solchen anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden, und zwar insbesondere als von der
von der konkret abgebildeten Person zu unterscheiden.

Der Umstand, dass eine Fotografie eine naturgetreue Wiedergabe des Abgebildeten ist, bedeute nicht, dass diese Darstellung nicht als Marke wahrgenommen werden könne, zumal die Abbildung als solche nichts über die beanspruchten Dienstleistungen aussage. Das
angemeldete Zeichen beziehe sich unzweifelhaft auf die Darstellung des Gesichts einer bestimmten Person mit ihren einzigartigen Gesichtern, d. h. ihren spezifischen äußeren Merkmalen, und zwar
in Form eines Passbildes.

Fazit

Auch Fotos von Models können laut EUIPO als Marke eingetragen werden. Die Frage stellt sich dann, wie weit der Schutz reicht und welche Auswirkungen optische Veränderungen, z.B. durch Alterung des Models auf eine rechtserhaltende Benutzung haben können. Denn die Marken zielen nicht unbedingt darauf ab, dass die konkreten Fotos geschützt werden sollen, sondern das Gesicht als solches.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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