Mit der Reform des Wettbewerbsrechts Ende 2020 wollte der Gesetzgeber die Verfolgung von manchen Wettbewerbsverstößen erschweren. Mit der misslungenen Reform hat der Gesetzgeber die Situation aber wohl noch verschlimmert, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg zur Wiederholungsgefahr trotz Unterlassungserklärung zeigt.
Hintergrund zur Wiederholungsgefahr
Begeht jemand einen Wettbewerbsverstoß entsteht hierdurch eine sogenannte Wiederholungsgefahr, das entsprechende Verstöße erneut begangen werden. Um diese Wiederholungsgefahr außergerichtlich auszuräumen kann jemand der wegen eins solchen Verstoßes abgemahnt wird, eine Unterlassungserklärung abgeben. Wichtig hierbei ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Unterlassungserklärung strafbewehrt sein muss. Dies bedeutet, dass derjenige der eine Unterlassungserklärung abgibt, sich im Falle von Verstößen hiergegen zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet.
Eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen führt nach der bisherigen Rechtsprechung im Gegensatz nicht dazu, dass die Wiederholungsgefahr entfällt. Somit muss der Abgemahnte damit rechnen gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, was zu zusätzlichen Verfahrenskosten führt.
Reform des Wettbewerbsrechts
Ende 2020 wurde das Wettbewerbsrecht reformiert. Der Gesetzgeber wollte dabei insbesondere die Inanspruchnahme von kleineren Unternehmen wegen vermeintlich geringer Verstöße erschweren. So dürfen seither Wettbewerber bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet und bei Verstößen gegen die DSGVO unter Umständen keine Vertragsstrafe mehr fordern. Hiermit wollte man das Risiko von Vertragsstrafen bei Verstößen ausschließen. Mit dieser Regelung könnte der Gesetzgeber den Unternehmen, die man mit dieser Regelung schützen wollte, einen Bärendienst erwiesen haben.
OLG Nürnberg zu Wiederholungsgefahr trotz Unterlassungserklärung
Das OLG Nürnberg führt in seinem Urteil vom vom 09.05.2023 – Az. 3 U 3524/22 aus, dass die gesetzliche Neuregelung dazu führt, dass eine außergerichtliche Streitbeilegung kaum mehr möglich ist.
Die Änderungen im Bereich des UWG, bewirkten nämlich, dass die Beklagte die Wiederholungsgefahr durch eine Unterwerfungserklärung gegenüber dem abmahnenden Wettbewerber überhaupt nicht mehr ausräumen konnte. Die gesetzliche Neuregelung verbiete den Abschluss von strafbewehrten Unterlassungsverträgen gegenüber Mitbewerbern in den gesetzlich geregelten Fällen.
Dies führe aber nicht dazu, dass der Verletzer die Wiederholungsgefahr bereits durch eine „einfache“, nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem abmahnenden Mitbewerber ausräumen könne, so die Nürnberger Oberlandesrichter.
Der Abgemahnte könne außergerichtlich die Wiederholungsgefahr nur noch durch Abgabe gegenüber einem anspruchsberechtigten Verband oder qualifizierten Einrichtung ausräumen.
Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung nicht das Erfordernis der strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr ändern wollen, so das diese Grundsätze weiterhin gelten.
Zwar führe die Auffassung des Gerichts dazu, dass die vom Gesetzgeber verfolgte Intention, die Generierung von Vertragsstrafen und Abmahngebühren einzudämmen, ins Gegenteil verkehrt werde. Denn nun muss der Abgemahnte mit einer Belastung mit Gerichtsgebühren und Anwaltsgebühren für das Gerichtsverfahren rechnen, was den Abgemahnten insgesamt noch stärker belasten kann. Dieses Problem habe der Gesetzgeber aber bewusst in Kauf genommen.
Fazit
Diese Entscheidung zeigt den Murks des Gesetzgeber bei der Reform des Wettbewerbsrechts. Zwar kann der Abgemahnte künftig Abmahnkosten und Vertragsstrafen vermeiden, muss im Gegenzug aber regelmäßig höhere Kosten für ein Gerichtsverfahren investieren. Die Möglichkeit der außergerichtlichen Erledigung wurde unnötig erschwert oder oftmals unmöglich gemacht.
Hoffnung für Abgemahnte macht indessen ein Beschluss des OLG Schleswig vom 03.05.2021 Az. 6 W 5/21 die hierzu eine gegenteilige Auffassung vertraten, nämlich das die Wiederholungsgefahr in diesen Fällen auch ohne Vertragsstrafeversprechen entfalle. Somit bleibt abzuwarten welche Ansicht sich letztlich durchsetzt.
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