OLG Hamburg:

Unzulässige Alleinstellungswerbung durch Testergebnis

Das Oberlandesgericht Hamburg wertete die Werbung eines Telekommunikationsdienstleisters („das beste und größte LTE-Netz“) als irreführend. Grund dafür sei die Tatsache, dass diese Alleinstellungswerbung wegen des zu geringen Abstands zu Mitbewerbern als unzutreffend zu werten sei.

Ein Mobilfunknetzbetreiber beauftragte ein Unternehmen damit, eigene Messungen in Bezug auf die Mobilfunknetze durchführen. Die Ergebnisse wurden nach einem eigenen „QvK-Standard“ (Qualitätsvergleich aus Kundensicht) entsprechend ausgewertet. Diese Ergebnisse ließ der Mobilfunknetzbetreiber von der TÜV N.C. GmbH überprüfen und zertifizieren. Dabei waren folgende Aussagen von der Zertifizierung erfasst:

Alleinstellungswerbung Mobilfunk LTE beste und größte Wettbewerbsrecht
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„T. Deutschland bietet die beste Mobilfunk-Netzqualität nach QvK-Standard1) für Sprachdienste“

„T. Deutschland bietet die beste Mobilfunk-Netzqualität nach QvK-Standard“

Der Mobilfunknetzbetreiber bezog sich in seiner Werbung auf diese Testergebnisse und kommunizierte, dass er über  „das beste und größte LTE-Netz“ verfüge. Auch das TÜV-Siegel wurde in diesem Zusammenhang in der Werbung benutzt. Daraufhin mahnte ein Mitbewerber den Mobilfunknetzbetreiber erfolglos ab. Im Raum stand unter anderem der Vorwurf unzulässiger Alleinstellungsbehauptungen bzw. unzulässiger Testhinweiswerbungen. Die behauptete Alleinstellung komme dem LTE-Netz des Mobilfunknetzbetreibers nicht zu. Denn es fehle schon an dem dazu erforderlichen Vorsprung seines Angebots vor dem Angebot sämtlicher Mitbewerber.

Urteil des OLG Hamburg

Das OLG Hamburg (OLG Hamburg, Urt. v. 23.05.2019, Az. 3 U 75/18) sah in der Werbung des Mobilfunknetzbetreibers eine unlautere rreführung. Bei dieser Bewertung komme es zunächst darauf an, ob Werbung mit einer Selbsteinschätzung des Werbenden oder eine Werbung mit Testergebnissen, Prädikaten oder Auszeichnungen, die von dritter Seite vergeben worden sind, vorliege.

Bei der Werbung mit Testergebnissen, Prädikaten oder Auszeichnungen sei maßgeblich, dass das Testergebnis nicht erschlichen und in einem seriösen Verfahren vergeben worden sei. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, könne der Werbende mit dem Testergebnis werben, ohne dass er mitteilen müsse, wie groß der Abstand zu den Produkten der Wettbewerber ist. Bei einer Werbung in Form einer Selbsteinschätzung müssten jedoch die strengeren Grundsätze der Spitzen- und Alleinstellungswerbung herangezogen werden. Eine solche Alleinstellungswerbung erfordere nämlich einen „deutlichen Vorsprung von einiger Stetigkeit“ vor den Mitbewerbern.

Die Alleinstellungswerbung war irreführend

Das Gericht stellte fest, dass es sich bei der streitgegenständlichen Werbung um eine Alleinstellungswerbung handelt. Bei dem Test des Mobilfunknetzbetreibers handele es sich gerade nicht um einen solchen, der von unabhängigen Dritten durchgeführt wurde. Vielmehr habe der Netzbetreiber diesen Test selbst in Auftrag gegeben. Einzelne Angaben aus diesem Test habe er dann im Anschluss von der TÜV N.C. GmbH zertifizieren lassen. Diese Zertifizierung erfolgte nach dem von ihr selbst formulierten „QvK“ („Qualitätsvergleich aus Kundensicht“). Eine solche anschließende Zertifizierung durch die TÜV N.C. GmbH führe nicht dazu, dass der Test als von „unabhängigen Dritten stammend“ anzusehen sei.

Da es sich bei den Werbeaussagen um Selbsteinschätzungen handele, hätte der Mobilfunknetzbetreiber einen objektiv feststellbaren deutlichen Vorsprung gegenüber ihren Mitbewerbern haben müssen. Bereits daran scheiterte es: Objektive Tests bekannter Computerzeitschriften haben das LTE-Netz der Beklagten mit 93,1 Punkten (Kläger: 89,8 Punkte) bzw. 901 Punkte (Kläger: 876 Punkte) bewertet. Nach diesen Tests habe das Angebot des so werbenden Mobilfunknetzbetreibers zwar besser abgeschnitten als das des klagenden Wettbewerbers. Da die Abstände jedoch recht gering seien, könne nicht von einem deutlichen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern gesprochen werden. Im Ergebnis bejahte das Gericht den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung.

Fazit

Eine Spitzen- bzw. Alleinstellungswerbung ist grundsätzlich zulässig, wenn sie wahr ist. Nach der Rechtsprechung reicht es nicht aus, wenn der Werbende einen nur geringfügigen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern hat. Der Werbende muss vielmehr einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern haben. Darüber hinaus muss dieser Vorsprung auch die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bieten.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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