Kann ein freier Foto-Journalist von seinem Verlag, mit dem er eine vertragliche Abrede getroffen hat, seine Bilder für EUR 10,00 pro Fotobeitrag in Tageszeitungen veröffentlichen zu lassen, einen urheberrechtlichen Nachvergütungsanspruch wegen unangemessen niedrigem Honorar geltend machen?
Ein Journalist war viele Jahre für einen Zeitungsverlag aus Essen als Fotograf tätig und lieferte ihnen regelmäßig Bilder, welche als Bildbeiträge in verschiedenen Ausgaben von dem Verlag verlegter Tageszeitungen veröffentlicht wurden. In diesem Rahmen lieferte der Foto-Journalist im Jahre 2010 insgesamt 1.329 Bildbeiträge, im Jahre 2011 eine Gesamtmenge von 1.277 Bildbeiträgen und 2012 die Summe von 891 Bildbeiträgen.
Für die Fotos erhielt der Journalist ein Netto-Honorar von EUR 10,00 pro Beitrag. Das Honorar wurde vertraglich unabhängig von der Größe des veröffentlichten Bildes und der Auflage der jeweiligen Zeitung vereinbart. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten bemessen die Bildhonorare nach der Größe des Bildes und der Auflagenstärke der Zeitung. Dabei liegen die Netto-Honorare für Erstdruckrechte zwischen EUR 19,50 und EUR 75,50.
Der Journalist verlangte von dem Verlag eine entsprechende Nachvergütung aus dem Urheberrecht, da er das mit dem Zeitungsverlag vereinbarte Honorar als unangemessen niedrig empfand und bekam in erster Instanz vor dem Landgericht Bochum Recht. Das Landgericht verurteilte den Verlag zu einer Nachvergütung von EUR 76.000,00, wobei die vom Verlag bereits bezahlten Honorare bereits angezogen wurden.
Gegen diese Entscheidung legte der Zeitungsverlag Berufung ein. Aus Sicht des Verlages sei eine Vergütung von EUR 10,00 zum damaligen Zeitpunkt für ein Foto, das im Lokalteil einer Regionalzeitung mit einer Auflage zwischen 2.500 und 13.000 Exemplaren veröffentlicht wurde, angemessen und branchenüblich gewesen. Dies gelte umso mehr, als dem Kläger, der der Beklagten nur ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt habe und der Urheber dadurch die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung geblieben sei. Zudem seien die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten erst im Jahre 2013 in Kraft getreten.
Entscheidung des Gerichts
Mit Urteil vom 11.02.2016 entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az. 4 U 40/15), dass der Zeitungsverlag dem Fotojournalisten in den Jahren 2010 bis 2012 kein angemessenes Honorar gezahlt habe.
Der Vertrag sei auf das Niveau der gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten anzuheben, auch wenn diese Vergütungsregelungen erst im Jahre 2013 in Kraft getreten seien. Als Vergleichsmaßstab einer angemessenen Vergütung könnten die Vergütungsregeln dennoch herangezogen werden.
Das Urheberrecht sei von dem Leitgedanken geprägt, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen aus der Verwertung seines Werkes oder seiner Leistung angemessen zu beteiligen. Dementsprechend könne der Urheber von seinem Vertragspartner, sofern die mit diesem vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, eine Korrektur des Vertrags in dem Sinne verlangen, dass die vereinbarte Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte durch eine angemessene Vergütung ersetzt werde.
Fazit
Urheber haben trotz gültiger Verträge einen Anspruch auf Nachvergütung, wenn Sie für ihre Werke nicht angemessen vergütet wurden. Im Einzelfall kann dies für den Vertragspartner des Urhebers teuer werden.
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