AG Kassel:

Urheberrecht bei AGB?

Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen immer von Rechtsanwälten geschaffene urheberrechtliche Werke oder genießen AGB keinen urheberrechtlichen Schutz? Diese Rechtsfrage hatte das Amtsgericht Kassel in einem Fall zu entscheiden, bei dem ein Rechtsanwalt einen Shop-Betreiber auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nahm.

Kaetana/Shutterstock.com
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Ein Rechtsanwalt mahnte den Betreiber eines Online-Shops ab, da dieser AGB nutzte, welche der Anwalt für einen Mandanten entworfen hatte. Er machte gegen den Betrieb urheberrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und die Bezahlung eines Lizenzschadens geltend. Wie der Rechtsanwalt die streitgegenständlichen AGB geschaffen hatte führte er nicht aus. Er hatte nur vorgetragen, dass er seit dem Jahre 2006 für mehrere Mandanten immer wieder AGB entworfen und angepasst habe.

Der Shop-Betreiber gab keine Unterlassungserklärung ab und ließ es auf ein Gerichtsverfahren ankommen.

Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Kassel gab dem Unternehmer mit Urteil vom 05.02.2015 – Az. 410 C 5684/13 – recht und wies die Klage des Rechtsanwaltes ab. Dieser habe trotz richterlichen Hinweises nicht dargelegt, wie er die AGB geschaffen hat.

Allgemeine Geschäftsbedingungen könnten nicht durchweg als individuelle geistige Schöpfung eines einzelnen Juristen angesehen werden, weil sie sich auf vorveröffentlichte einschlägige Sammlungen in Formularbüchern oder vergleichbaren Publikationen zurückführen ließen oder aus konkreten der Fachwelt allgemein zugänglichen Aufsätzen und Rechtsprechungsentscheidungen entnommen seien. Um die spezifische eigene schöpferische Leistung erfassen zu können, bedürfe es daher einer detaillierten Darlegung, in welchem Umfang derartige Vorlagen eingesetzt wurden und in welchem Umfang alternativ eigene Neuformulierungen Eingang gefunden haben.  Erst dann lasse sich beurteilen, ob mit der Erstellung der AGB ein urheberrechtsschutzfähiges Werk entstanden sei.

Fazit

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind in der Regel komplexe Verträge, welche Urheberschutz genießen. Allerdings handelt es sich bei AGB nicht automatisch um urheberrechtliche Werke. Die Schaffung eines urheberrechtlichen Werkes bedarf immer einer persönlichen geistigen Schöpfung des Urhebers. Passt der Anwalt ein vorbestehendes Muster eines Dritten nur leicht an, kann er im Zweifel keine eigenen Rechte geltend machen.

 

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Christopher A. Wolf, MBA

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
Urheber- und Medienrecht
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