Innovative Formate, Ideen und Konzepte besitzen oft einen großen Wert. So wurden z.B. erfolgreiche TV-Shows wie das britische Format Who wants to Be a Millionaire (Wer wird Millionär) Big Brother, Pop Idol (American Idol, Deutschland sucht den Superstar), America‘s Next Topmodel (Germanys Next Topmodel) in zahlreiche Länder exportiert. In deutlichem Gegensatz zur großen wirtschaftlichen Bedeutung derartiger Formate und Showkonzepte stand in Deutschland bislang die sehr stark begrenzte Möglichkeit, hierfür rechtlichen Schutz nach dem Urheberrecht zu beanspruchen. Durch zwei neuere Entscheidungen des BGH und des OLG Köln wurden hier allerdings neue Ansatzmöglichkeiten aufgezeigt.
Ein wichtiger urheberrechtlicher Grundsatz besagt, dass reine Ideen der Allgemeinheit frei zur Verfügung stehen sollen und daher grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen können. Ein Schutz für Formate, Ideen und Konzepte wurde von der urheberrechtlichen Rechtsprechung daher bislang weitgehend abgelehnt. Der Formatentwickler war auf Ansprüche aus dem Markenrecht und dem UWG angewiesen, deren Schutzbereich Formate aber nur sehr begrenzt umfassen kann und oftmals durch geringe Modifikationen umgangen werden kann.
Aus der bisherigen Rechtsprechung
In der Entscheidung zum Sendeformat „Dalli Dalli“ entschied der Bundesgerichtshof (Urteil vom 14.11.1980, Az.: I ZR 73/78 – Quizmaster), dass es bei einer Zusammenfügung von Musik- und Gesangsdarbietungen, Bühnenszenen, Reportagen, Interviews, Ansage- und Spielleitertätigkeit regelmäßig an einer formgebenden Einheit fehle. Lediglich die einzelnen Darbietungen einer Unterhaltungssendung könnten jeweils im konkreten Fall Werkcharakter haben, nicht jedoch das Unterhaltungsformat als solches.
Ähnlich äußerte sich der Bundegerichtshof (Urteil vom 26.06.2003, Az.: I ZR 176/01 – Sendeformat) hinsichtlich der Familiensendung „Kinderquatsch mit Michael“: Im Gegensatz zu Fernsehserien, die durch einen fiktiven Inhalt gekennzeichnet seien und typischerweise in einzelnen Folgen eine sich fortlaufend entwickelnde Handlung erzählten, sei ein Fernsehunterhaltungsformat nicht durch inhaltliche Elemente verbunden, sondern lediglich durch das übereinstimmende Format. Ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes könne nur das Ergebnis der schöpferischen Formung eines bestimmten Stoffes sein. Daran fehle es bei einer vom Inhalt losgelösten bloßen Anleitung zu Formgestaltung gleichartiger anderer Stoffe.
Das Landgericht München (Urteil vom 14.01.2010, Az.: Az. 7 O 13628/09) lehnte mit vergleichbarer Begründung den Urheberrechtsschutz eines Fußball-Castingshowformats ab. Der Kläger habe zwar seine Idee zu einer Fußball-Castingsendung in einem ausgearbeiteten Konzept niedergelegt und damit einen Rahmen zur Gestaltung eines Fußballer-Castings vorgegeben, es handele sich dabei jedoch nur um eine Gestaltungsanleitung, nicht aber um die konkrete Umsetzung in Form einer Fußball-Castingsendung.
Die neuere Rechtsprechung
Im Fall der Lernspiele „pocketLÜK“, „bambinoLÜK“ und „miniLÜK“ hat der BGH (Urteil des BGH vom 01.06.2011, Az.: I ZR 140/09 – Lernspiele) und darauffolgend das OLG Köln (Urteil des OLG Köln vom 13.07.2012, Az.: 6 U 225/08) nun allerdings überraschenderweise eine differenziertere Sichtweise gezeigt und zur Frage, wann ein eine abstrakte Idee oder ein Konzept eine konkrete Ausgestaltung erfahren, und damit einem urheberrechtlichen Schutz zugänglich sind, näher Stellung genommen.
Die Klägerin entwickelte und vertrieb Lernspiele unter dem didaktischen Ansatz „Lerne-Übe-Kontrolliere“. Die Lernspiele bestanden jeweils aus Aufgaben- oder Übungsheften und einem Kontrollgerät. Die Beklagte hat unter den Marken „Taschen Logolino“, „Logolino Junior“ und „Logolino“ ähnliche Lernspiele hergestellt und vertrieben, die weitgehend nach demselben Prinzip wie die Lernspiele der Klägerin funktionierten. In Betracht kam hierbei ein Schutz als Darstellung wissenschaftlicher Art.
Der BGH kam dabei zu der Ansicht, dass weder Übungsheft noch das Kontrollgerät für sich gesehen urheberrechtlich schutzfähig seien. Auch die Inhalte des Spiels seien nicht schutzfähig, da nicht der geistige Inhalt eines Werks, sondern nur die konkrete Form Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein könne. Maßgebend sei nicht was, sondern wie es dargestellt werde.
Dagegen könnten Ansprüche wegen einer Verletzung von Urheberrechten an den aus Kontrollgeräten und Übungsheften bestehenden Lernspielen nicht generell verneint werden.
Es bestünden keine rechtlichen Bedenken, die Kontrollgeräte und die zugehörigen Übungshefte, die sinnvoll und zweckentsprechend nur zusammen als Lernspiel verwendet werden können und sollen, auch für die urheberrechtliche Beurteilung als Einheit zu betrachten. Übungsheft und Kontrollgerät seien in Verbindung dazu bestimmt und geeignet dem Anwender, mit Hilfe grafische Muster oder Abgleichung der Farbfelder, zu veranschaulichen, ob er die gestellte Frage zutreffend beantwortet habe. Demzufolge dienten die „LÜK“-Lernspiele dazu, mit Hilfe grafischer Darstellungen wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln.
Zwar könne bei Darstellungen wissenschaftlicher Art die schöpferische Leistung nicht aus der Spielidee oder -konzeption als solcher oder aus der abstrakten Methode zur Umsetzung einer Idee hergeleitet werden. Im Interesse der Allgemeinheit müssten die Ideen sowie Konzepte bzw. Darstellungsmethoden zur Benutzung frei bleiben.
Dies gelte allerdings nur, soweit Idee und Konzeption im abstrakten, von der konkreten Werkausgestaltung losgelösten Bereich verblieben. Sofern sie in einem bestimmten Werk ihre konkrete Ausformung erfahren hätten, sei die Werkgestaltung in ihrer individuellen Formgebung einem Urheberrechtsschutz zugänglich.
Dies habe insbesondere für die Auswahl, Form, Ausgestaltung, Anordnung und Darbietung der gelieferten Informationen zu gelten. Dementsprechend könnten Spielideen und -systeme zwar nicht als solche, aber in ihrer konkreten Ausformung schutzfähig sein. Dabei nehme die einem Spiel zu Grunde liegende Spielidee in ihrer konkreten Ausgestaltung am Werkschutz teil, sofern sich ein Spiel in seinen Phasen inhaltlich individuell gestalten lässt.
Fazit
Formate, Ideen und Konzepte können ausnahmsweise Urheberschutz genießen, wenn die zugrundeliegende (Spiel-)Idee zwar in einer konkreten Formgestaltung Ausdruck gefunden hat, diese Formgestaltung aber nicht unmittelbar durch das Format vorgegeben ist, sondern noch Spielräume in der Gestaltung bestehen, die der Entwickler als Ausdruck seiner individuellen geistigen Schöpfung genutzt hat.
Zwar besitzt das den Entscheidungen zugrundeliegende Recht an Darstellungen wissenschaftlicher Art einen eigentümlichen Schutzbereich. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung auch auf TV-Shows und -Formate übertragbar ist, mit der Folge dass immer dann, wenn sich in einer konkreten Gestaltung der Szenerie, der Requisite und der Spielelemente in der Gesamtschau ein Ausdruck der Showidee zeigt, der nicht zwingend durch diese Idee vorgegeben ist, sondern bei dem Spielräume in der Formgestaltung künstlerisch genutzt wurden, eine Schutzfähigkeit des Formats gegeben sein könnte.
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