Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet nicht für eine über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzung, sofern die Möglichkeit besteht, dass sich unbefugte Dritte über eine Sicherheitslücke des WLAN-Routers Zugang zu seinem Internetanschluss verschafft und die Verletzungshandlung begangen haben.
Gegenstand des Rechtsstreits waren – wie in den meisten vergleichbaren Verfahren – Ansprüche des Rechteinhabers auf Schadensersatz und Kostenerstattung infolge einer bereits Jahre zurückliegenden Urheberrechtsverletzung durch Nutzung einer Internettauschbörse. Der Anschlussinhaber weigerte sich, den Betrag in Höhe von rund €1000 zu bezahlen. Er bestritt die Rechtsverletzung begangen zu haben. Neben ihm habe auch seine Ehefrau den Internetanschluss genutzt, wobei jedem ein eigener PC zur Verfügung stand. Ferner sei im Jahr 2012 bekannt geworden, dass der von ihm zur Zeit der Rechtsverletzung genutzte Router eine Sicherheitslücke aufwies, über welche unbefugte Dritte bei aktivierter WPS-Funktion leichten Zugriff auf den Anschluss nehmen konnten. Der Anschlussinhaber ist dabei davon ausgegangen, dass bei seinem Router die WPS-Funktion aktiviert war. Dies hat die klagende Rechteinhaberin bestritten.
Entscheidung des Gerichts
Das AG Braunschweig hat mit Urteil vom 27.08.2014 (Az: 117 C 1049/14) die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Seine Entscheidung hat das Gericht damit begründet, dass bereits keine tatsächliche Vermutung dahin bestehe, dass der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Er habe im Rahmen seiner ihm obliegenden sekundären Darlegungslast einen Sachverhalt vorgetragen, der es möglich erscheinen lasse, dass sich unbefugte Dritte über die Sicherheitslücke seines Routers Zugang zu seinem Internetanschluss verschafft und die Verletzungshandlung begangen haben. Der Rechteinhaberin helfe es nicht, zu bezweifeln, ob die WPS-Funktion am Router des Anschlussinhabers aktiviert war. Dem Anschlussinhaber sei es nicht abzuverlangen, sich heutzutage noch daran zu erinnern, wie der Router vor mindestens 4 Jahren eingestellt war.
Auch hielt es das Gericht für wenig relevant, dass die Sicherheitslücke erst 2 Jahre nach der Rechtsverletzung öffentlich bekannt wurde. Dies lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass nicht auch kriminelle Personen mit hoher IT-Kompetenz die Lücke wesentlich früher erkannt und für sich genutzt hatten.
Auf die Frage, ob die Ehefrau als Täterin in Betracht zu ziehen war, kam es letztlich nicht mehr an.
Fazit
Nach der bisher sehr einseitigen Entscheidungspraxis des AG München, welches nach der Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes nicht mehr ausschließlich bemüht werden kann, ist dieses Urteil sehr zu begrüßen. Auch nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH haftet der Anschlussinhaber in vergleichbaren Fällen nicht schlechthin, insbesondere dann nicht, wenn ein alternativer Sachverhalt vorgetragen wird und möglich erscheint. Dies hat das AG München in der Vergangenheit häufig verkannt.
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