Was passiert mit Lizenzen an Patenten, Gebrauchsmustern, Marken oder Urheberrechten im Falle der Insolvenz des Lizenzgebers? Kann der Insolvenzverwalter die Rechte zurückholen? Wie muss eine vertragliche Regelung aussehen, damit sie insolvenzfest ist? Mit diesen Fragen hatte sich das Landgericht München I beschäftigt.
Ein taiwanesisches Unternehmen und dessen deutsche Vertriebsgesellschaft hatten sich Lizenzen an einer Vielzahl von Gebrauchsmustern, Patentanmeldungen und Patenten der Halbleitertechnologie vertraglich einräumen lassen. Gegenstand der Verträge waren DRAMs, die in Computern, Servern, Mobiltelefonen, Haushaltsgeräten und anderen elektronischen Geräten eingesetzt werden.
2002 schloss das taiwanesische Unternehmen mit dem deutschen Schutzrechtsinhaber einen Joint Venture Vertrag und 2005 ein „License and Technical Cooperation Agreement“ sowie 2006 weitere Verträge zur Zusammenarbeit.
2009 wurde über das Vermögen des Lizenzgebers das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter entschloss sich dazu, die bestehenden Verträge nicht weiter zu erfüllen und nahm im Anschluss das taiwanesische Unternehmen und ihr deutsches Vertriebsunternehmen wegen Patentverletzung in Anspruch.
Hiergegen wehrten sich die Taiwanesen und klagten auf Feststellung, dass die Lizenzvereinbarungen trotz der Insolvenz und der Erklärung des Insolvenzverwalters Bestand haben.
Entscheidung des Gerichts
Das LG München I (Urteil vom 21.08.2014 – 7 O 11811/12 (2)) gab den Taiwanesen recht.
Für die Frage ob dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht im Hinblick auf die Erfüllung des Vertrages zustehe, komme es auf den Einzelfall und insbesondere darauf an, ob der konkrete Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis oder einmalige endgültige Einräumung von Nutzungsrechten ausgestaltet sei.
Aus den zwischen den Parteien geschlossenen so genannten „freedomtooperate“-Lizenzverträgen ergebe sich, dass vorliegend die Lizenz als einmalige und endgültige Einräumung von Nutzungsrechten ausgestaltet sei, die auch über das Ende der Vertragsbeziehungen hinaus andauern solle. Dabei sei im konkreten Fall auch zu berücksichtigen, dass beide Parteien sich wechselseitig Lizenzen eingeräumt hatten.
Etwas anderes würde allerdings dann gelten, wenn es dem Lizenznehmer darauf ankomme, die Vorzugsstellung des Schutzrechtsinhabers auszunutzen und somit unter diesen Schutzschirm zu schlüpfen. In diesem Fall würden üblicherweise regelmäßig Lizenzgebühren bezahlt und der Schutzrechtsinhaber zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der Rechte verpflichtet.
Vorlegend gehe es dem taiwanesischen Lizenznehmer aber nur darum selbst ungehindert handeln zu können („freedomtooperate“). Daher stehe dem Insolvenzverwalter kein Wahlrecht mehr zu, diese Verträge nicht zu erfüllen, da sie bereits vor Insolvenz vollständig erfüllt wurden.
Fazit
Die Frage der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen ist juristisch hoch umstritten aber von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Das LG München kommt vorliegend zum Schluss , dass die meisten Lizenzverträge wohl Dauerschuldverhältnisse sind, mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter entscheiden kann die Verträge zu erfüllen oder auch nicht. Lediglich wenn die Verträge nur dazu dienen, dass gegen den Lizenznehmer keine Ansprüche aus den Schutzrechten geltend gemacht werden, liege kein Dauerschuldverhältnis vor, weshalb das Wahlrecht des Insolvenzverwalters ausscheide. Ob sich diese Auffassung durchsetzt bleibt abzuwarten. In jedem Fall sollten bei Lizenzverträgen Vorkehrungen für die Insolvenz getroffen werden, um nachher nicht dem Wohlwollen des Insolvenzverwalters ausgeliefert zu sein.
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