KG Berlin:

Gerichtsstandsvereinbarung in Unterlassungserklärung

Bestehen erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung, wenn ein im Ausland geschäftsansässiger Verletzer die Vereinbarung eines deutschen Gerichtsstandes für die Geltendmachung der Vertragsstrafe verweigert? Hierüber hatte das Kammergericht Berlin kürzlich zu entscheiden.

Ein Wettbewerbsverband hatte den in den Niederlanden geschäftsansässigen Verletzer auf Unterlassung von Werbeäußerungen für ein Nahrungsergänzungsmittel in Anspruch genommen. Die erste auf die Abmahnung des Wettbewerbsverbands vom Verletzer abgegebene vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung bezog sich jedoch nicht – wie vom Wettbewerbsverband gefordert – auf den deutschen Markt, sondern beschränkte sich auf den holländischen Markt.

Dmitry Fisher / Shutterstock.com
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In der Folge gab der Verletzer eine weitere vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung ab, die inhaltlich identisch mit der ersten Unterlassungserklärung war, jedoch nicht die Beschränkung auf den holländischen Markt enthielt. Der vom Wettbewerbsverband in der vorformulierten Unterlassungserklärung vorgeschlagenen Gerichtstandsvereinbarung (Berlin) stimmte der Verletzer jedoch erneut nicht zu.

Nach Ansicht des Wettbewerbsverbands habe daher weder die erste noch die zweite Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt. Erstere sei nicht geeignet gewesen, weil sie auf den holländischen Markt beschränkt war, die Rechtsverletzung aber in Deutschland erfolgte. Letztere sei unzureichend, weil entgegen dem mit der Abmahnung vorformulierten Text keine (internationale) Gerichtsstandsvereinbarung für die Geltendmachung der Vertragstrafe akzeptiert worden sei. Ihm werde es durch die Verweigerung der Gerichtsstandsvereinbarung erschwert, die Vertragsstrafe durchzusetzen.

Entscheidung des Gerichts

Das KG Berlin hat mit Urteil vom 25.04.2014 – Az. 5 U 178/11 entschieden, dass erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung bestehen können, wenn der in den Niederlanden geschäftsansässige Verletzer die Vereinbarung eines Gerichtsstandes in Deutschland für die Geltendmachung der Vertragsstrafe verweigert.

Entgegen der Annahme des Landgerichts war das KG der Ansicht, dass vorliegend die Wiederholungsgefahr für die irreführende Werbung auch durch die zweite Unterlassungserklärung nicht beseitigt worden sei. Denn im Hinblick auf die darin vom Verletzer vorgenommene Streichung der vom Wettbewerbsverband geforderten Gerichtsstandsvereinbarung für die Geltendmachung der Vertragsstrafe in Berlin, bestünden erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung – vor allem angesichts dessen, dass der Verletzer seinen Sitz in den Niederlanden hat.
Zur Ernstlichkeit des Unterwerfungswillens gehöre die Bereitschaft des Schuldners, schützenswerte Interessen des Gläubigers zu wahren. Wenn der Schuldner im eigenen Interesse daher erreichen wolle, dass der Gläubiger von der prozessualen Durchsetzung seines Anspruchs Abstand nimmt, müsse er bereit sein, diesem eine rechtliche Ausgestaltung einzuräumen, die im Verletzungsfall der eines Titelgläubigers nicht allzu sehr nachsteht. Fehle diese Bereitschaft, so bestünden grundsätzlich berechtigte Zweifel an der Ernstlichkeit der abgegebenen Erklärung bzw. des Unterwerfungswillens.

Sollte sich – so das KG weiter – der Gerichtsstand für die Vertragsstrafenforderung tatsächlich nicht nach dem Sitz des Verletzers in den Niederlanden richten, sondern wäre der Gerichtsstand am Sitz des Wettbewerbsverbands gegeben, dann käme der Gerichtsstandsklausel ohnehin nur eine deklaratorische Bedeutung zu.

Erst recht habe der Wettbewerbsverband ein dringendes und schutzwürdiges Interesse an der Gerichtsstandsvereinbarung, wenn ohne eine solche Vereinbarung die Vertragsstrafenforderung vor dem Gericht am Sitz des Verletzers in den Niederlanden eingeklagt werden müsste.

Denn für den Wettbewerbsverband würde dies eine ganz erhebliche Mehrbelastung bedeuten – wie z.B. die Führung eines Rechtsstreit vor einem ausländischen Gericht mit einer ihm nicht vertrauten Verfahrensordnung und in einer ihm fremden Sprache, die Auswahl und Beauftragung eines ihm nicht vertrauten ausländischen Rechtsanwalt, die umfängliche Übersetzungsarbeit der in deutscher Sprache abgefassten Unterlassungserklärung usw.. Ein vor dem ausländischen Gericht zu führender Rechtsstreit würde auch materiell zusätzliche erhebliche rechtliche Risiken für den Kläger bergen.

Selbst wenn der Vertragsstrafenforderung deutsches Recht zu Grunde zu legen sei, weil der Unterwerfungsvertrag nach der Gesamtheit der Umstände mit Deutschland die engste Verbindung aufweist, verblieben – so das KG – nicht geringe rechtliche Unsicherheiten dahin, inwieweit das niederländische Gericht das deutsche Recht und die deutsche Gerichtspraxis erfassen und zur Anwendung bringen kann. Dass der Ausgang eines solchen Prozesses vor einem ausländischen Gericht ungleich schwieriger einzuschätzen und zu führen ist, liege auf der Hand. Ferner bestünde das Risiko, dass der Wettbewerbsverband in einem Umfang mit Verfahrenskosten in den Niederlanden belastet werden könnte, die die angemessene Höhe der Vertragsstrafe sogar übersteigen.

Damit stünde der Wettbewerbsverband durch die Unterwerfungserklärung bei einem in den Niederlanden zu führenden Rechtsstreit (um die Vertragsstrafenforderung) ganz erheblich schlechter, als wenn er in Deutschland an seinem Sitz als Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gegen den Verletzer einen gerichtlichen Unterlassungstitel erstrittenen hätte und im neuerlichen Verletzungsfall gerade vor diesem Gericht das Ordnungsmittelverfahren führen könnte.

Ein eigenes sachgerechtes Interesse des Verletzers, sich der Gerichtsstandsvereinbarung zu widersetzen, bestünde im vorliegenden Fall nicht. Vielmehr liege die Annahme auf der Hand, er spekuliere darauf, dass der Wettbewerbsverband im Hinblick auf die erheblichen Erschwernisse letztlich auf die Geltendmachung einer Vertragsstrafenforderung verzichten werde. Will er deshalb gerade die wesentlichste Funktion der Unterlassungsverpflichtung unterlaufen, nämlich das damit dem Gläubiger an die Hand gegebene Druckmittel, so könne eine solche Unterwerfungserklärung nicht als ernsthaft gewertet werden, um die Vermutung der Wiederholungsgefahr sicher auszuräumen.

Fazit

Die Entscheidung des KG führt die höchstrichterliche Rechtsprechung fort, wonach an den Fortfall der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer Unterwerfungserklärung strenge Anforderungen gestellt werden. Bestehen am Inhalt der Unterwerfungserklärung auch nur geringe Zweifel, dann reicht sie grundsätzlich nicht aus, die Besorgnis eines künftigen Wettbewerbsverstoßes auszuräumen.

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