Nach aktueller Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf muss das vermeintliche Immendorff-Gemälde „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore“ nicht vernichtet werden. Auch die Verbreitung des Werkes ist nach Auffassung des Gerichts rechtmäßig.
Die Witwe des im Jahr 2007 verstorbenen Künstlers Jörg Immendorff entdeckte im Mai 2008 in einer Düsseldorfer Repräsentanz eines Wiener Auktionshauses das Gemälde „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore“, welches sich dort zum Zwecke der Versteigerung befand. Im Auktionskatalog war eine Kopie des Werkes abgebildet mit dem Verweis auf den verstorbenen Künstler. Das Originalwerk aus dem Jahr 1987 hat abweichende Maße und befindet sich in Neuseeland. Die Witwe hielt das Werk für eine nicht autorisierte Kopie und forderte im Rahmen ihrer Klage die Vernichtung des Werkes. Der beklagte Eigentümer der vermeintlichen Kopie behauptete, es handele sich um ein Original, welches er von seinem Bruder erworben habe. Dieser hatte das Gemälde im Atelier des Künstlers selbst gekauft. Es konnte eine Echtheitsbestätigung samt Unterschrift vorgelegt werden. Das erstinstanzliche Gericht hat u.a. aufgrund eines eingeholten Kunstgutachtens der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass es sich bei dem Gemälde um ein rechtswidrig verbreitetes Vervielfältigungsstück des Gemäldes „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore“ handelt (LG Köln, Urteil vom 17.10.2012 – 12 O 473/08). Dieser Auffassung ist das Berufungsgericht nicht gefolgt.
Entscheidung des Gerichts
Durch Berufungsurteil vom 05. 08.2014 hat das OLG Düsseldorf entschieden (I-20 U 167/12), dass das vermeintliche Immendorff-Gemälde „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore“ nicht vernichtet werden müsse. Die Verbreitung des Werkes sei rechtmäßig. Die Gesamtumstände beim Erwerb des Gemäldes in Immendorffs Atelier seien als Einwilligung Immendorffs in die Veröffentlichung und Verwertung des Werkes zu bewerten.
Eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes dürfe veröffentlicht und verwertet werden, sofern der Künstler hierzu seine Einwilligung erteilt. Immendorff habe Direktverkäufe von Gemälden in seinem Atelier durch seine Mitarbeiter zumindest geduldet. Er habe deshalb den Anschein entstehen lassen, er willige in den Verkauf und damit die Veröffentlichung und Verwertung der in seinem Atelier veräußerten Werke als „seine“ Werke ein. Der Käufer habe sich darauf verlassen dürfen, selbst wenn der Mitarbeiter im konkreten Fall ein von Immendorff nicht legitimiertes Gemälde veräußert hätte. Darüber hinaus fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass der Erwerber Kenntnis vom Fehlen einer entsprechenden Einwilligung Immendorffs in Bezug auf das konkrete Werk hatte oder hätte haben müssen. An diesen rechtlichen Umständen müsse sich auch Immendorffs Witwe als Erbin festhalten lassen.
Auf die Frage, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Gemälde um eine Fälschung oder um eine Schöpfung des Künstlers Immendorff selbst handelt, komme es deshalb nicht mehr an. Gleiches gelte für die Frage, ob das beim Kauf übergebene „Echtheitszertifikat“ tatsächlich von Immendorff stamme
Aus den gleichen Gründen verneinte das Gericht auch den Anspruch der Witwe, das Werk als Fälschung zu kennzeichnen bzw. Schwärzung, alternativ Entfernung der Signatur zu verlangen.
Fazit
Der Künstler hat die Möglichkeit, seine Einwilligung in die Veröffentlichung und Verwertung von unberechtigt hergestellten Kopien seines Werkes zu erteilen. Entsprechende Handlungen sind in diesen Fällen rechtmäßig. Dabei genügt bereits, wenn der Künstler Direktverkäufe von Kopien seiner Werke duldet. Eine ausdrückliche Einwilligung ist demnach nicht erforderlich.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Der Witwe des Künstlers steht somit nur noch das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof zu.
Artikel als PDF speichern