Kann für Schuhe ein wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz bestehen? Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hatte darüber zu entscheiden, ob ein Damenpumps mit Plateausohle und einer „stupsnasenförmigen“ Schuhspitze über wettbewerbliche Eigenart verfügt und unter welchen Voraussetzungen die Nachahmung eines solchen Schuhs eine unlautere vermeidbare Herkunftstäuschung begründet.
Ein namhafter Schuhfabrikant vertreibt seit 2009 Plateau-Pumps in unterschiedlichen Außenfarben. Als ein Konkurrent im Hebst 2011 mehrere Damen-Pumps mit sehr ähnlichen Merkmalen auf den Markt bringt, sieht der Schuhfabrikant durch die neue Produktserie des Konkurrenten seine wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzrechte an seinen Schuhen verletzt und verlangt Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz.
Der Schuhfabrikant zog u.a. insbesondere das pinkfarbene Innenfutter der Pumps, den ca. 11 cm hohe Stiletto-Absatz sowie das Vorhandensein einer sehr auffälligen Schuhspitze, die an eine „Stupsnase“ erinnern lasse, als Eigenschaften der Pumps heran, die seiner Ansicht nach seinen eigenen Schuh-Modellen wettbewerbsrechtliche Eigenart vermitteln.
Hingegen wandte der Konkurrent ein, die Produkte des anderen würden lediglich den bestehenden Formenschatz wiedergeben, weswegen sie sich nicht als Herkunftsnachweis durchgesetzt hätten. Ferner würden seine Produkte gestalterische Unterschiede zu denen des Klägers aufweisen und seien mit Ausstattungsdetails wie Strass-Steinen oder einer Blumennachbildung versehen, die seine Produkte deutlich von denen des Klägers unterschieden.
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 03.04.2014 – Az. 6 U 276/12 entschieden, dass ein Schuh über die für einen wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz erforderliche wettbewerbliche Eigenart verfügt, wenn er sich auf Grund seiner Gestaltungsmerkmale aus der Masse vergleichbarer Produkte heraushebt. Im Streitfall wurde dies für den Damenpumps mit Plateausohle und „stupsnasenförmiger“ Schuhspitze bejaht.
Auch dann, wenn man einen strengeren Maßstabs an die wettbewerbliche Eigenart des Damen-Pumps anlege, weil es sich um einen Modeartikel handelt und wenn man deshalb eine besonders originelle Gestaltung fordert, könne dem Schuh des Klägers wettbewerbliche Eigenart zuerkannt werden, weil er Gestaltungsmerkmale aufweist, die ihn in seinem Gesamteindruck aus der Masse vergleichbarer Produkte herausheben und den Rückschluss auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zulassen. Insbesondere die oben erwähnten, vom Kläger angeführten besonderen Merkmale des Schuhs, geben ihm – so das Gericht – einen herkunftshinweisenden Gesamteindruck.
Nach den Feststellungen des Gerichts handelte es sich bei den angegriffenen Modellen um Nachahmungen des Original-Pumps, da diese Modelle sämtliche herkunftsweisenden Merkmale des klägerischen Produkts übernommen und lediglich unerhebliche Details hinzugefügt hatten, ohne den Gesamteindruck zu verändern. So würden u.a. die aufgesetzten Strass-Steine bzw. die aufgesetzten Blumen lediglich als Verzierungen des Grundmodells verstanden werden.
Die Nachahmung eines solchen Schuhs begründet nach Ansicht des Gerichts den Vorwurf einer unlauteren vermeidbaren Herkunftstäuschung, wenn die für die wettbewerbliche Eigenart maßgeblichen Merkmale fast identisch übernommen werden und weitere Begleitumstände den Schluss zulassen, dass der Hersteller des angegriffenen Modells sich bewusst dem Originalerzeugnis angenähert hat.
Die Revision zum BGH hat das OLG Frankfurt a.M. nicht zugelassen.
Fazit
Grundsätzlich kann wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz für bestimmte Schuhmodelle mit besonderen Merkmalen, die den angesprochenen Verkehr auf ihre betriebliche Herkunft hinweisen, bestehen. Werden Schuhe nahezu identisch nachgeahmt, sind an die weiteren wettbewerblichen Umstände nur geringere Anforderungen zu stellen. Bereits durch die Übernahme aller wesentlichen Gestaltungsmerkmale eines Schuhs wird die Gefahr einer Herkunftstäuschung gesetzt, der nur durch geeignete und zumutbare Maßnahmen entgegengetreten werden kann.
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