Das OLG Köln hatte zu entscheiden, ob eine Handtasche eine wettbewerbswidrige Nachahmung des Modells „Le Pliage“ des Herstellers Longchamp darstellt. Eine entsprechende Klage in Frankreich war zuvor vom Kassationshof (Cour de Cassation) in Paris zurückgewiesen worden.
Grundlage des auf Unterlassung gerichteten Verfahrens in Köln waren verschiedene Merkmale, die zwar bekannt, aber nach Ansicht des Herstellers individuell und mit Wiedererkennungseffekt kombiniert wurden. Die Faltbarkeit der Handtasche in Kombination mit den anderen bekannten Gestaltungselementen (Material, abgerundeter Überschlag, Henkel aus geprägtem Leder, Besatzstücke) würden eine Eigenart begründen, die auf sie als Herstellerin dieser Tasche schließen lasse. Alle Einzelmerkmale der streitgegenständlichen Handtasche sind dem bekannten Formenschatz herkömmlicher Taschen entnommen.
Die Entscheidung des Gerichts
Die Vorbekanntheit der einzelnen Merkmale hindert das Vorliegen wettbewerblicher Eigenart ausweislich des Urteils des OLG Köln vom 07.03.2014 (Az. 6 U 160/13) nicht. Entscheidend sei nämlich, dass die Kombination der Merkmale zu einer neu- und einzigartigen Gestaltung führe. Die Material- und Farbkontraste (Nylon/Leder) und die Anordnung sowie Formgebung der einzelnen Lederelemente begründen einen Gesamteindruck, der auf eine bestimmte Herkunft – nämlich aus dem Hause Longchamp – schließen lasse. Gestützt werde diese Bekanntheit noch durch die hohen Verkaufs- und Umsatzzahlen in Deutschland verbunden mit entsprechender Presseberichterstattung.
Vor diesem Hintergrund sei die streitgegenständliche Tasche eine zu untersagende Nachahmung. Die Tatsache, dass diese anders als die Originalhandtasche nicht faltbar ist, hindert diese Feststellung laut den Ausführungen des Gerichts nicht, weil dies von außen nicht erkennbar ist. Eine Herkunftstäuschung werde auch nicht durch die Kennzeichnung mit dem Begriff „Hexagona“ ausgeschlossen, weil der Verkehr die unbekannte Bezeichnung lediglich als Name des Modells und nicht als Hinweis auf dessen Herkunft begreife.
Das Urteil des französischen Gerichts steht der abweichenden Entscheidung in Deutschland deshalb nicht im Wege, weil der deutsche Nachahmungsschutz außerhalb der europäischen Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken steht. Außerdem waren die beteiligten Prozessparteien nicht identisch. In Deutschland wurde nämlich nicht der Hersteller der nachgeahmten Handtasche, sondern ein Händler verklagt.
Fazit
Der wettbewerbsrechtliche Nachahmungsschutz ist bei Modeartikeln hochinteressant, weil er – anders als z.B. eingetragene Designs bzw. Geschmacksmuster – grundsätzlich unbefristet ist.
Bemerkenswert an der Entscheidung ist die Erkenntnis, dass man sich in Nachahmungsfällen grundsätzlich nicht darauf verlassen kann, dass eine – auch deutlich erkennbar angebrachte – Kennzeichnung eine Herkunftstäuschung und damit das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Nachahmung ausschließt. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls, vor allem der Art und des Inhalts des Zeichens und der Produktart.
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