EuGH:

Privatkopieabgabe auch für unerlaubte Kopien?

Nach der heutigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) dürfen unrechtmäßige Vervielfältigungen – unabhängig von der Verwendung einer technischen Sicherungsmaßnahme – bei der Höhe der Abgabe  für die Anfertigung von Privatkopien eines urheberrechtlich geschützten Werkes  nicht berücksichtigt werden.

Hintergrund der Entscheidung ist die Möglichkeit der europäischen Mitgliedstaaten, eine Ausnahme von dem ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Urhebers zu regeln, die es ermöglicht private Kopien urheberrechtlich geschützter Werke anzufertigen. Dazu gehören auch beispielsweise CDs, die eine Kopie eines Musikalbums enthalten. Mitgliedstaaten, die sich für die Einführung einer solchen Ausnahme entscheiden, sind verpflichtet, eine gerechte Ausgleichszahlung an die Urheberschaft zu regeln, um diese angemessen zu entschädigen. Auch das deutsche Urheberrecht enthält eine Regelung, die das Anfertigen von Privatkopien gestattet. Zur Entschädigung der Urheber und Verwerter werden Pauschalabgaben in Form von Geräte- und Leermedienabgaben an die Verwertungsgesellschaften abgeführt.

Pavel Ignatov / Shutterstock.com
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In den Niederlanden gibt es eine vergleichbare Regelung, nach der Unternehmen eine Abgabe an eine Stiftung abführen müssen, wobei deren Höhe von einer anderen Stiftung festgelegt wird. Ein Niederländischer Hersteller von unbeschriebenen Datenträgern war der Auffassung, dass diese Stiftung bei der Festlegung der Vergütungshöhe nicht den Schaden berücksichtigen dürfe, der den Urhebern dadurch entsteht, dass Privatkopien von unrechtmäßigen Quellen angefertigt werden. Daher hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) beschlossen, dem Gerichtshof Fragen hierzu vorzulegen.

Entscheidung des EuGH

Mit seinem Urteil vom 10.04.2014  (C-435/12) hat der EuGH zu den Fragen Stellung genommen. Danach können nationale Rechtsvorschriften, die in keiner Weise zwischen Privatkopien von rechtmäßigen und unrechtmäßigen Quellen unterscheiden, nicht geduldet werden. Dies würde die Verbreitung von gefälschten Werken fördern und die Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke beeinträchtigen. Die Inhaber von Urheberrechten würden hierdurch gebührlich geschädigt. Der Umstand, dass keine anwendbare technische Maßnahme existiert, um die Anfertigung von unrechtmäßigen Privatkopien zu bekämpfen, ist nach Ausführungen des EuGH unerheblich.

Das Vergütungssystem müsse einen angemessenen Rechts- und Interessenausgleich zwischen den Urhebern und den Nutzern sichern. Sofern  das Vergütungssystem bei der Berechnung nicht danach unterscheidet, ob die Quelle der Privatkopie rechtmäßig oder unrechtmäßig ist, trage es gerade nicht zu einem angemessen Ausgleich bei. Die Vergütungshöhe werde dabei aufgrund des Schadens berechnet, der den Urhebern sowohl durch rechtmäßige als auch  durch unrechtmäßige Privatkopien entsteht. Der so errechnete Betrag werde dann auf den Kaufpreis von Geräten und Datenträgern übertragen, wodurch alle Nutzer mittelbar bestraft werden, da sie zwangsläufig zum Ausgleich des Schadens beitragen, der den Rechteinhabern auch durch die private Vervielfältigung aus unrechtmäßigen Quellen  entsteht.

Fazit:

Die korrekte Anwendung der Privatkopieausnahme erfordert die Unterscheidung zwischen einer rechtmäßigen und unrechtmäßigen Vervielfältigung. Eine entsprechende Unterscheidung sieht das deutsche Urheberrecht im Rahmen der Regelung zur Privatkopie vor. Bei der Privatkopie kommt es demnach maßgeblich darauf an, ob diese auf einer rechtmäßigen Quelle beruht. Nur so kann ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber bzw. Rechteinhaber und der Nutzer erfolgen.

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Helene Klassen-Rock

Rechtsanwältin . Senior Associate
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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