AG München:

BELIREX verliert Filesharing-Klage gegen Anschlussinhaber UND Anschlussnutzer

Wie bereits berichtet hat sich das AG München in einem gegen den tatsächlichen und den „faktischen“ Anschlussinhaber gerichteten Verfahren wegen illegaler Nutzung einer Tauschbörse dahingehend geäußert, dass die Vermutung der Täterschaft nicht zu Lasten eines faktischen Anschlussnutzers gilt. Dies wurde – neben anderen interessanten Ausführungen – in dem nunmehr vorliegenden Urteil vom 20.12.2013 (Az. 111 C 21062/12) bestätigt.

Dem Verfahren lag eine durchaus häufige Konstellation zugrunde: der formale Anschlussinhaber (Vertragspartner des Providers) – hier die Mutter – hat den Anschluss ihrem Sohn zur alleinigen Nutzung überlassen. Vorgerichtlich hat die Mutter auf die Abmahnung wegen illegaler Verbreitung des streitgegenständlichen Filmwerks in einer Tauschbörse lediglich vorsorglich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich lediglich pauschal eingelassen, nicht für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein – weder als Täterin noch als Störerin. Von der alleinigen Anschlussnutzung durch den Sohn war zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede.

rangizzz / Shutterstock.com
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Die Fa. BELIREX, vertreten von der Kanzlei Negele Zimmel Greuter Beller aus Augsburg, hat daraufhin Klage beim Amtsgericht München erhoben und die Mutter zunächst auf Zahlung von Abmahnkosten und Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung erhoben. Gegen diese Klage hat sich die Mutter mit dem einfachen (aber wahrheitsgemäßen) Vortrag gewehrt, sie selbst nutze den Anschluss überhaupt nicht und verfüge auch über keinerlei internetfähigen Endgeräte. Der Anschluss werde vielmehr ausschließlich von ihrem Sohn verantwortet und genutzt. Dieser Vortrag musste noch nicht einmal unter Beweis gestellt werden, weil eine Darlegungslast keine Beweislast ist. Und er war letztlich erfolgreich.

Daraufhin hat die Fa. BELIREX auch den Sohn verklagen lassen, weil nach dem Vortrag der Mutter jedenfalls dieser die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen haben müsse. Ferner wurde die erstverklagte Mutter nunmehr unter zwei Gesichtspunkten auf Schadensersatz (Verfahrenskosten für den Fall des Unterliegens) in Anspruch genommen: Überlassung des Internetanschlusses an den Sohn und Verletzung der vorgerichtlichen Antwortpflicht.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht München hat beide Klagen mit Urteil vom 20.12.2013 (Az. 111 C 21062/13) abgewiesen.

Nach Auffassung des Gerichts sei die Mutter als formale Anschlussinhaberin ihrer sekundären Darlegungslast vollumfänglich und mit dem erforderlichen Detaillierungsgrad nachgekommen, wonach ihre Täterschaft ausgeschlossen sei und nur eine andere Person als Täter in Betracht komme. Da die Fa. BELIREX den in dieser Situation erforderlichen Beweis der Täterschaft der Mutter erwartungsgemäß nicht erbringen konnte, wurde diese Klage abgewiesen – einschließlich der auf Schadensersatz gerichteten Anträge. Nach den Ausführungen des Gerichts eröffnet der Betrieb eines Internetanschlusses keine urheberrechtlich relevante Gefahrenquelle und löst dessen Überlassung an den volljährigen Sohn auch keine Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber diesem aus. Eine Antwortpflicht auf die vorgeworfene Rechtsverletzung im Sinne einer vorgerichtlichen sekundären Darlegungslast existiere nicht. Eine solche ergebe sich weder aus der auf die Beseitigung der Wiederholungsgefahr beschränkten Unterlassungserklärung noch einer sonstigen urheberrechtlichen Sonderbeziehung zwischen den Beteiligten, wie sie z.B. aus dem Wettbewerbsrecht bekannt ist. Außerdem sei auch nicht anzunehmen bzw. nicht dargelegt, dass die Klägerin bei entsprechender „Antwort“ von einer Klage abgesehen hätte.

Weiter wurde auch die Klage gegen den Sohn abgewiesen. Diesen trifft nach richtiger Auffassung des Gerichts schon keine Vermutung der Täterschaft und damit auch keine sekundäre Darlegungslast. Dieses Konstrukt knüpfe nämlich alleine an die formale Anschlussinhaberschaft an, welche die Vermutung begründe, dass der Anschlussinhaber den Anschluss auch kontrolliere und die angebliche Rechtsverletzung begangen habe. Die Annahme, dass die Vermutung auch den trifft, der den Anschluss ausschließlich oder überwiegend nutzt, würde das Konstrukt überflüssig machen bzw. ad absurdum führen. Für den Sohn hat es daher ausgereicht, die gegen ihn gerichteten Vorwürfe einfach zu bestreiten, um die letztlich auch erfolgte Klageabweisung zu erreichen.

Fazit

Das Urteil zeigt, dass es sich für zu unrecht in Anspruch genommene Anschlussinhaber durchaus lohnt, sich zur Wehr zu setzen. Die vielfach kolportierte Per-se-Haftung des Anschlussinhabers ist jedenfalls ein Märchen – auch in München.

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Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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