OLG Düsseldorf:

Garantiert echte Kundenmeinungen

Werbung mit Bewertungen sind im Internetzeitalter beliebt. Positive Bewertungen führen dabei häufig zu höherem Umsatz und negative zum Gegenteil. Dementsprechend sind Unternehmen natürlich vordringlich an positiven Bewertungen interessiert. Inwieweit Firmen im medizinischen Bereich diesbezüglich besonderen rechtlichen Maßstäben unterliegen, zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Eine Dentalhandelsgesellschaft, welche mehrere Dentallabore unterhält in denen sie Zahnersatz für den deutschen Markt fertigen lässt, stellte ihre Leistungen auf einem eigenen Internetauftritt dar. Dort wurden ihre Leistungen unter anderem mit der Bewertung durch Kunden beworben. In Form eines vielfach verbreiteten Sternesystems wurden die Bewertungen dargestellt und mit dem Zusatz „Garantiert echte Kundenmeinungen“ versehen. So wurde auch eine „Kundenbewertung“ mit der Note von 4,6 von 5 möglichen Sternen mit dem Text „Bin sehr zufriedenen“ angezeigt. Klickte man diese an landete man auf einer Seite von eKomi, wo die Bewertungen und Kommentare der Kunden aufgelistet waren.

Das Bewertungssystem von eKomi funktionierte dabei wie folgt: Die Kunden der Dentalhandelsgesellschaft erhielten nach Durchführung eines Geschäfts oder einer Behandlung eine E-Mail mit einem Bewertungslink. Alternativ können Kunden ihre Bewertung auch direkt an die E-Mailadresse von eKomi senden. Positive Bewertungen mit mindestens vier oder fünf Sternen, werden sofort freigeschaltet, neutrale und negative werden zunächst einer intensiven Prüfung unterzogen, die zur Löschung der Bewertung führen können; beispielsweise im Falle rechtswidriger oder anstößiger Inhalte. Ansonsten wird das bewertete Unternehmen über die negative Bewertung benachrichtigt und kann binnen fünf Tagen ein „Schlichtungsverfahren“ einleiten. Reagiert das bewertete Unternehmen nicht, wird die negative Bewertung veröffentlicht. Wird ein Schlichtungsverfahren eingeleitet und nimmt der Kunde daraufhin seine negative Bewertung zurück oder reagiert er nicht binnen vierzehn Tagen, erfolgt keine Veröffentlichung. Bei ergebnislosen Schlichtungsverfahren trifft eKomi selbst eine Entscheidung.

Die Wettbewerbszentrale ging gegen diese Form der Werbung vor, da Sie diese Werbung für irreführend hielt.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Düsseldorf ( Urteil vom 19.02.2013 – Az. I – 20 U 55/12) bestätigte die Auffassung der Wettbewerbszentrale.

Nach den vorliegend einschlägigen heilmittelwerberechtlichen Vorschriften darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht mit äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche äußerungen geworben werden, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen.

In der Verwendung der Kundenbewertungen liege eine Werbung mit äußerungen Dritter. Diese Werbung sei jedoch irreführend. Der Verkehr erwarte von einer Kundenbewertung, noch dazu von einer, die mit der Aussage „Garantiert echte Kundenmeinungen“ angepriesen werde, eine neutrale, nicht zugunsten des Anbieters geschönte Sammlung von Kundenbewertungen. Diesen Anforderungen genügen die Kundenbewertungen von eKomi  nicht und zwar auch dann nicht, wenn die werbende Dentalgesellschaft auf die Einleitung des bei neutralen und negativen Bewertungen möglichen Schlichtungsverfahrens bislang verzichtet habe. Das Bewertungssystem verhindere die gleichwertige Berücksichtigung negativer Bewertungen und zeichne deshalb ein übertrieben positives Bild des werbenden Unternehmens.

Das Bewertungssystem von eKomi, bei dem positive Bewertungen sofort, neutrale und negative aber erst nach Ablauf von fünf Tagen veröffentlicht würden, führe bereits hierdurch zu einer stärkeren Gewichtung der positiven äußerungen. Denn schließlich sei der Zeitraum für positive Bewertungen stets 5 Tage länger und führe somit zu einer Gewichtung zugunsten der positiven Bewertungen.
Auch das vorgesehene Schlichtungsverfahren von eKomi wirke verfälschend, da allein dessen Existenz  einen Teil der unzufriedenen Kunden von der Abgabe einer negativen Bewertung abhalten könnte um einer Auseinandersetzung über ihre Bewertung aus dem Weg zu gehen.

Auch die Prüfung auf rechtswidrige Inhalte führe zu einer Verfälschung der Bewertungen. Beleidigungen oder ähnliches würden sich regelmäßig nur in negativen Bewertungen finden. Werden diese daraufhin gelöscht verfälscht dies das Ergebnis. Die Düsseldorfer Richter meinen es würde insoweit genügen, nur die konkret beleidigenden Formulierungen zu entfernen, nicht aber die Bewertung selbst zu schwärzen, da andernfalls die Gesamtbewertung verfälscht werde.

Fazit

Die Rechtsprechung tendiert klar dahin, dass Bewertungen nur ungefiltert und unverfälscht zur Werbung eingesetzt werden dürfen. Unternehmen müssen also auch negative Bewertungen uneingeschränkt tolerieren, wenn sie sich mit den positiven Urteilen schmücken wollen.

Dies ist zwar grundsätzlich richtig, soweit allerdings erkennbar grundlos herabwürdigende oder mit Schädigungsabsicht erstellte Bewertungen abgegeben wurden, müssen diese auch weiterhin entfernt werden können. Soweit das OLG Düsseldorf hier meint, auch die Entfernung solcher Bewertung verfälsche das Ergebnis, so überzeugt dies jedenfalls bei grundlosen Negativbewertungen nicht. Denn unsachliche und grundlose Negativbewertungen (die mitunter auch gerne von der Konkurrenz kommen) verfälschen ihrerseits die Gesamtbewertung bereits zu Lasten des Werbenden. Auch muss man berücksichtigen, dass häufig mehr Personen mit einer negativen Erfahrung eine Beurteilung abgeben, als solche mit einer positiven, da insoweit eine einfache Möglichkeit der Kritik besteht.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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