Es gibt mal wieder Lustiges zu lesen aus Stuttgart. Der 4. Zivilsenat beim Oberlandesgericht ist in seinem Urteil vom 11.09.2013 (4 U 88/13) zu der Einschätzung gelangt, dass die Bezeichnung „Hühnerstall“ für einen Hotelbetrieb gerechtfertigt sein kann und in dem entschiedenen Fall auch in Ordnung war.
Der offensichtlich mit anderen Erwartungen angereiste Gast hatte in einem Hotelbewertungsportal das von ihm gewählte Hotel „Hühnerhof“ anschließend heftig kritisiert. Unter der überschrift „Nicht Hühnerhof, sondern Hühnerstall“ beschwerte er sich u.a. über die dort herrschende „Bahnhofsatmosphäre“, die nicht besetzte Rezeption und das unzumutbare Frühstück.
Dem Hotelbetreiber hat das nicht gefallen, weshalb er den Gast kurzerhand auf Unterlassung verklagt hat. Der Begriff „Hühnerstall“ lege einen dreckigen, unhyhienischen Zustand des Hotels nahe, weshalb die äußerung nicht mehr als freie Meinungsäußerung der Meinungsfreiheit unterfalle, sondern es sich um reine Schmähkritik eines unzufriedenen Hotelgastes handle.
Die Entscheidung des Gerichts
Dieser Ansicht war das OLG Stuttgart wie bereits die Vorinstanz (LG Rottweil) nicht. Eine Schmäkritik liege nur dann vor, wenn die Schmähung primäres Ziel der äußerungen sei und die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund stehe. Diese Voraussetzung war nach Ansicht der Richter hier nicht erfüllt, weil der Begriff „Hühnerstall“ nicht mit hygienischen Missständen, sondern mit Unordnung und organisatorischen Mängeln assoziiert werde.
Auch die „Bahnhofsatmosphäre“ sei lediglich eine Metapher für eine kühle und unfreundliche Einrichtung und damit ebenfalls eine reine Meinungsäußerung.
Die vom Hotelbetreiber gewählte Interpretation liegt laut Gericht so weit entfernt, dass – wenn überhaupt – erst mehrere gedankliche Zwischenschritte dahin führen. Damit müsse eine vordergründige Diffamierung verneint werden.
Fazit
Klar wird die Entscheidung, wenn man sich einmal die Bedeutung des Satzes „Hier geht es zu wie im Hühnerstall“ verdeutlicht. Da geht es eher um chaotische Zustände, weniger oder überhaupt nicht um hygienische Mängel. Vielleicht steht der Begriff auch noch für beengte Verhältnisse, was man als Tatsachenbehauptung ggf. hätte überprüfen müssen. Dies wurde jedoch nicht weiter thematisiert. Das Gericht hat das Vorliegen einer Tatsachenbehauptung nämlich insgesamt verneint.
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