Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im Rahmen einer Entscheidung des Einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig die Veröffentlichung von lebensmittelrechtlichen Verstößen im Internet untersagt, da die änderung des Lebensmittelgesetztes (LFGB) gegen Unions- und Verfassungsrecht verstoßen könnte.
Mit Wirkung vom 1. September 2012 ist eine Änderung des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) in Kraft getreten. Die neue Vorschrift des § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die zuständigen Landesbehörden bei hinreichendem Verdacht die Verbraucher unter Namensnennung des Verantwortlichen über die überschreitungen festgelegter Grenzwerte und aller sonstigen Verstöße gegen Hygienevorschriften im Anwendungsbereich des LFGB im Internet zu informieren, wenn die Verstöße in nicht unerheblichem Ausmaß oder wiederholt erfolgen und ein Bußgeld von mindestens 350 € zu erwarten ist.
Im konkreten Fall hatte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis in einer Gaststätte Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz festgestellt. Obwohl eine weitere Kontrolle eine Woche später keine Beanstandungen mehr ergab, veröffentlichte das Landratsamt den Namen, die Adresse und den Betreiber der Gaststätte auf seiner Homepage. Als Grund der Beanstandung gab das Amt Mängel bei der Betriebshygiene, ekelerregende Herstellungs- oder Behandlungsverfahren“ an. Nach der Ansicht des Amtes hatte das Amt auch kein Ermessen bezüglich der Veröffentlichung, da die erfolgte Gesetzesänderung des § 40 Abs. 1a LFGB zwingend eine Veröffentlichung des verletzenden Betriebes vorschreibe.
Der Gastwirt ging gegen die Veröffentlichung mittels Eilantrag vor, welchem das Verwaltungsgericht Karlsruhe in erster stattgab. Dagegen wehrte sich die Behörde nun vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.
Entscheidung des Gerichts
Mit Beschluss vom 28.01.2013, Az. 9 S 2423/12, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass die Veröffentlichung der Daten im Internet unzulässig sei. Es wies die Beschwerde des Landratsamts zurück, da die Veröffentlichung im Internet mit ihrer Prangerwirkung schwerwiegend in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Berufsausübung des Gastwirts eingreife.
Die neue Vorschrift § 40 Abs. 1a LFBG verstoße zudem möglicherweise gegen das Europäische Lebensmittelrecht, da die Veröffentlichung nicht der Abwehr einer konkreten Gesundheitsgefahr diene, sondern nur dem vorsorgenden Gesundheitsschutz. Ob dies ausreiche, werde der Europäische Gerichtshof in einem bereits anhängigen Verfahren in absehbarer Zeit klären.
Der VGH äußerte auch Zweifel, ob die Voraussetzungen für die Veröffentlichung den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und Bestimmtheit gerecht werden. Das tatbestandsmerkmal der Bußgelderwartung von 350,00 € sei keine objektiver und transparenter Maßstab, insbesondere da kein Bußgeldkatalog vorliege, welcher eine Prognose über die Veröffentlichungspflicht erlaube. Gerade im Hinblick auf die gesetzlich nicht geregelte Dauer der Veröffentlichung, welche Bundesweit sehr unterschiedlich gehandhabt wird, könne sich die Maßnahme zudem als unverhältnismäßig erweisen.
Eine abschließende Bewertung überließ der Verwaltungsgerichtshof jedoch dem Hauptsacheverfahren. Der VGH setzte dem Gastwirt eine Frist bis zum 1. März 2013 um ein gerichtliches Hauptsacheverfahren einzuleiten.
Fazit
Die Veröffentlichung von Ergebnissen der Lebensmitteluntersuchung steht als Realakt nicht im Ermessen der Behörde. Liegen die Voraussetzungen vor, muss die Behörde eine entsprechende Veröffentlichung vornehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit sehr guter Begründung einen Riegel vor diese Veröffentlichungspflicht geschoben. Es bleibt abzuwarten wie die Gerichte im Hauptsacheverfahren die Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB bewerten. Nach unserer Auffassung werden Sie zu keinem anderen Ergebnis kommen können, da die Handhabung der Regelung von den ämtern zu unterschiedlich gehandhabt wird.
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