Sollte man PayPal wegen einer Kontosperrung verklagen?

Ist eine Klage gegen Paypal sinnvoll?

Damit komme ich zu der eigentlichen Frage, ob eine Klage gegen eine von PayPal auferlegte Kontosperrung / Verfügungsbeschränkung sinnvoll ist. Das hängt nicht zuletzt davon ab, was mutmaßlicher Grund für die Beschränkung ist – mutmaßlich deshalb, weil PayPal seine Entscheidungen grundsätzlich nicht begründet. Aus zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen konnte ich vier Hauptursachen für die Panikreaktionen von PayPal ausmachen:

  • Starke Umsatzsteigerungen oder hohe (saisonbedingte) Umsatzschwankungen
  • Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen (z.B. Verkauf von Artikeln, die PayPal nicht gefallen)
  • Negative Auskünfte von Creditreform
  • Häufung von Käuferbeschwerden

Dass die ersten drei Umstände eine Kontosperrung und Zurückhaltung von Kontoguthaben nicht rechtfertigen können, ist offensichtlich. Da kann PayPal fast überall auf der Welt in die AGB schreiben, was sie wollen. Und auch bei der Häufung von Käuferbeschwerden dürfte keine Sperrung zu rechtfertigen sein – jedenfalls nicht, bevor der Gehalt der Beschwerden geprüft ist. Eine volle Verfügungsbeschränkung ist dabei selbst nach den AGB von PayPal nicht vorgesehen, wird aber immer wieder praktiziert, obwohl nur von einem „Sicherheitseinbehalt“ die Rede ist. Auch die Tatsache, dass vor einer Kontosperrung nie die Gegenseite – der Verkäufer – gefragt wird, ist leicht zu erklären. Dieser hätte in der Zwischenzeit die Möglichkeit, sein Guthaben „in Sicherheit“ zu bringen, sodass PayPal gezwungen wäre, etwaige Ansprüche einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen zu lassen. Die Erfolgsaussichten eines solchen Versuchs dürfen mit recht bezweifelt werden, weshalb PayPal keinen besonderen Wert darauf legt und mit allen Mitteln versucht, eine solche Situation zu verhindern.

Jedenfalls bei einer vollen Verfügungsbeschränkung liegt meines Erachtens in jedem Fall ein rechtswidriger Eingriff in den Geschäftsbetrieb des Kunden vor, aufgrund dessen PayPal zur Freigabe des Guthabens verpflichtet ist. Da es sich um einen deliktischen Schadensersatzanspruch handelt, ist der Gerichtsstand hierfür am Sitz des geschädigten Kunden, bei einem deutschen Unternehmer also in Deutschland. Das ist schön, weil PayPal dann nach Deutschland kommen muss, um sich zu verteidigen und nicht der Kunde nach Luxemburg, um sich gegen potentiell rechtswidrige Verhaltensweisen seiner Bank (!) zu wehren. Das hatte sich PayPal anders vorgestellt, wie man aus dem Verhalten in dem ersten von uns geführten Verfahren schließen kann. Jedenfalls wurde offenbar, dass man es letztlich auf keinen Fall darauf ankommen lassen will. Mir jedenfalls ist klar, warum.

Ob man von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollte, hängt von den individuellen Umständen des Betroffenen ab. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist nämlich davon auszugehen, dass die Geschäftsbeziehung im Falle eines gerichtlichen Vorgehens endgültig zerrütet ist und es  für den Händler auch später keine Möglichkeit mehr gibt, mit PayPal ins Geschäft zu kommen. Das ist die Strafe dafür, wenn man sich als PayPal-Kunde (zu recht) beschwert. Wer also dringend auf sein PayPal-Konto angewiesen ist, sollte – so traurig das ist – ernsthaft erwägen, das Spiel mitzuspielen, die gewünschten Unterlagen zu liefern und auf eine baldige Freigabe des Guthabens zu hoffen. Dass dieses irgendwann freigegeben wird ist übrigens selbstverständlich – die Frage ist nur wann. Ich habe bis heute von keinem einzigen Fall gehört, in dem das Guthaben endgültig einbehalten wurde. Das würde über kurz oder lang das sichere Aus von PayPal bedeuten – auch in Luxemburg.

Alle anderen, denen es nur um die Freigabe des Guthabens und/oder um Vergeltung geht oder diejenigen, deren Konto bereits gekündigt wurde, können dagegen erwägen, eine Klage anzustrengen. Auch wenn es in der letzten Sache aufgrund des Einlenkens von PayPal einschließlich Übernahme sämtlicher Kosten nicht zu einem Urteil gekommen ist, stehen die Chancen für ein zusprechendes Urteil ganz gut. Mutmaßlich wird PayPal jedoch auch in anderen Fällen versuchen, ein Urteil in Deutschland zu verhindern.

In letzter Zeit hat jedoch die Erfahrung gezeigt, dass auch außergerichtliche anwaltliche Aufforderungen mit Klageandrohung Wirkung zeigen und PayPal jedenfalls teilweise zum Einlenken bewegen. Regelmäßig ist es so, dass Vollbeschränkungen in Teilbeschränkungen im niedrigen einstelligen %-Bereich umgewandelt werden. Auch das ist noch fraglich, aber für viele Händler gerade noch erträglich. Unbefriedigend ist auch das, aber nicht annähernd so existenzgefährdend.

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Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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