Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte im Rahmen der Zulassungsprüfung einer Revision zu prüfen, ob eine Brauerei mit dem Slogan „über 400 Jahre Brautradition“ auf Bierflaschen und Bierkästen werben darf, wenn diese Werbeaussage der Wahrheit entspricht, aber von einem Teil des Verkehrs falsch verstanden werden kann.
Ein Bierbrauer wirbt für seine Brauerei auf Flaschenetiketten und Bierkästen mit dem Werbeslogan „über 400 Jahre Brautradition“. Ein Wettbewerber hielt diese Werbeaussage für irreführend, da sie den Verbrauchern suggeriere, die Brauerei braue ihr Bier nach einem über 400 Jahre alten Rezept. Dies entspreche unbestritten nicht der Wahrheit und sei daher wettbewerbswidrig.
In der Folge mahnte der Wettbewerber die Brauerei ab und forderte Unterlassung. Die Brauerei wehrte sich gegen die erhaltene Abmahnung und verweigerte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Die Vorinstanzen in Stuttgart nahmen zwar an, dass ein kleiner Teil der Kunden den Werbeslogan falsch verstehen könnte, lehnte den Anspruch des Wettbewerbers aber mit der Begründung ab, vorliegend sie es unverhältnismäßig, den Bierbrauer an der Verwendung einer wahren Aussage zu hindern.
Entscheidung des Gerichts
In seinem Beschluss vom 16.08.2012 – Az. I ZR 200/12 – bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG Stuttgart und wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Wettbewerbers ab.
Die Karlsruher Richter verneinten vorliegend schon die Annahme, auch ein kleiner Teil des Verkehrs könne die Aussage wie vom Wettbewerber behauptet verstehen. Selbst wenn dies der Fall wäre, bedürfte es aber nicht eines Rückgriffs auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn im Falle von objektiv zutreffenden Aussagen, die lediglich von einem kleinen Teil des Verkehrs falsch verstanden werden, seien die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen.
Vorliegend wiege das Interesse des Bierbrauers an der Verwendung des zutreffenden Hinweises auf dessen vierhundertjährige Brautradition eindeutig schwerer als das Interesse einiger Verbraucher, vor dem Missverständnis bewahrt zu werden, eine lange Brautradition bedeute gleichzeitig den Einsatz eines mehr oder weniger unveränderten Rezeptes.
Fazit
Selbst wenn Verbraucher eine Werbung falsch verstehen führt dies nicht automatisch zu einer Wettbewerbswidrigkeit der Werbeaussage. Soweit der Werbeslogan zutreffend ist, sind die Interessen der Wettbewerber und des Verkehrs mit den Interessen der werbenden Firma gegeneinander abzuwägen. Diese Abwägung fiel hier zu Recht – wie auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung des OLG Stuttgart – zugunsten des Bierbrauers aus.
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