Ein Mandant hat uns neulich am Tag des Fristablaufs beauftragt, ihn gegen eine von einem Mitbewerber wegen diverser Wettbewerbsverstöße ausgesprochenen Abmahnung zu vertreten. Die daraufhin telefonisch erbetene Fristverlängerung um wenige Tage konnte und sollte allerdings nicht mehr gewährt werden, weil der Prozessbevollmächtigte des Abmahnenden schon Tage zuvor und damit lange vor Fristablauf den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung beim Landgericht Cottbus gestellt hatte. Das hatte einen handfesten Grund.
Da die Abmahnung in der Sache berechtigt war, haben wir diesen Antrag daraufhin sofort anerkannt, um dem Gegner wenigstens mit den Kosten belasten. Leider stand dem nach der Aufassung des Gerichts die schon vor unserer Beauftragung erfolgte telefonische Einlassung des Mandanten beim Rechtsanwalt des Abmahnenden entgegen…
Der Mandant hat die Abmahnung – was grundsätzlich zu begrüßen ist – ernst genommen und darauf – was etwas unglücklich war – umgehend reagiert. Er hat nämlich bei der abmahnenden Kanzlei angerufen und der Sekretärin des zuständigen Rechtsanwalts mitgeteilt, sie möge diesem ausrichten, „er könne ihn mal am Arsch lecken“. Es kam also, wie es kommen musste: der Kollege hat dies zum Anlass genommen, sofort zur Tat zu schreiten, obwohl der Abgemahnte diese Äußerung ganz offensichtlich im Zustand höchster Erregung getätigt hat und damit natürlich in keiner Weise ausdrücken wollte, dass er die Abmahnung für unberechtigt hält und zurückweist – so jedenfalls unsere bestechende Argumentation beim Gericht.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Cottbus sieht das in seinem Urteil vom 14.03.2012 (11 O 16/12) leider ganz anders. Die telefonische Einlassung habe mit hinreichender Sicherheit vermuten lassen, dass innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion auf die Abmahnung mehr erfolgen werde. Der Antragsgegner habe daher trotz seines sofortigen Anerkenntnisses die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben habe.
Damit verkennt das Gericht die Bedeutung des sogenannten „Schwäbischen Grußes“ vollkommen. Dieser dient nämlich nach Thaddäus Troll u.a. dazu (vgl. auch den diesbezüglichen Wikipedia-Eintrag),
- um eine Überraschung zu vermelden;
- um der Freude über ein unvermutetes Wiedersehen zweier Schwaben […] Ausdruck zu geben.
Von einer endgültigen Zurückweisung der Abmahnung kann also keine Rede sein – im Gegenteil. Leider existieren auch noch andere – allerdings keinesfalls zwangsläufige – Deutungen. Der Schwäbische Gruß wird auch verwendet,
- um ein Gespräch endgültig abzubrechen oder
- eine als Zumutung empfundene Bitte zurückzuweisen.
Für diese Deutung hat sich das mit schwäbischen Gebräuchen offensichtlich nicht vertraute Gericht nach umfangreicher und sorgfältiger Abwägung sämtlicher Umstände (?) letztlich entschieden. Knapp war es trotzdem. Wahrscheinlich hätte die Entscheidung anders ausgesehen, wenn auch der Abmahnende Schwabe gewesen wäre. Jedenfalls hat sich damit die definitive Unwirksamkeit des Abwehrzaubers gezeigt: Persönliche Feinde können einem mit gerichtlicher Hilfe auch dann etwas anhaben, wenn man ihnen das nackte Gesäß zeigt.
Fazit
Literarisch anspruchsvolle, aber unüberlegte Reaktionen auf Abmahnungen sind schlecht für den Geldbeutel. Das Zitat aus Götz von Berlichingen lautet übrigens richtig „Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“. Gepasst hätte es.
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