BGH:

Klage in Deutschland wegen Verletzung des APR eines Russen?

Dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe wurde eine Rechtsfrage vorgelegt, ob deutsche Gerichte für Streitigkeiten zuständig sind, welche sich auf Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines ausländischen Staatsbürgers durch einen ebenfalls im Ausland ansässigen Staatsbürger beziehen, wenn die Internetveröffentlichung auf dem Internetportal eines deutschen Anbieters erfolgt ist.

Ein russischer Geschäftsmann mit Wohnsitz in Russland und in Deutschland sah sich durch einen Beitrag auf dem Internet Blog www.womanineurope.com, den er bei einem Aufenthalt in Deutschland bemerkt hatte, in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.  Der Artikel wurde in russischer Sprache und kyrillischer Schrift von einem früheren Klassenkameraden aus den USA verfasst und auf das Portal gestellt.  Da der veröffentlichende Internetdienst seinen Sitz in Deutschland hat, klagte der russische Staatsbürger seinen Anspruch auf Unterlassung mehrerer Äußerungen, Geldentschädigung und Auskunft in erster Instanz vor dem Landgericht Köln und in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln ein. Beide Gerichte hielten sich für unzuständig, das OLG Köln ließ aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Entscheidung des Gerichts
Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 29. März 2011 – Az. VI ZR 111/10, dass die deutsche Gerichtsbarkeit es in derartigen Fällen nicht zuständig ist.

Die deutschen Gerichte seien zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsverletzungen im Internet nur dann international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Inlandsbezug in dem Sinn aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann. Dabei sei das Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits und das Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und seiner Berichterstattung andererseits, gegeneinander abzuwägen.

Im vorliegenden Fall lasse sich ein solcher deutlicher Inlandsbezug nicht herleiten. Die in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefasste Reisebeschreibung schildere ein privates Zusammentreffen der Parteien in Russland. Die beschriebenen Umstände aus dem privaten Bereich des Klägers seien in erster Linie für die an dem Treffen Beteiligten von Interesse. Diese haben hatten im vorliegenden Fall – mit Ausnahme des Klägers – ihren Wohnsitz nicht in Deutschland. Allein dadurch, dass der Kläger an seinem Wohnsitz im Inland den Bericht abgerufen habe, werde kein deutlicher Inlandsbezug hergestellt. Auch aus dem Standort des Servers in Deutschland lasse sich eine die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründende Handlung des Klassenkameraden nicht herleiten.

Fazit
Vorliegend fallen der Ort der Persönlichkeitsverletzung und der des Ortes des effektivsten Rechtsschutzes auseinander. Nur mit einem deutschen Titel wäre eine Unterlassung des deutschen Portalbetreibers schnellstmöglich zu verwirklichen. Insoweit ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofes überraschend.

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