Bei Filesharing Fällen wird regelmäßig der Anschlussinhaber abgemahnt. Die Ermittlung des Anschlussinhabers erfolgt regelmäßig über eine richterliche Anordnung, mit welcher der Rechteinhaber vom jeweiligen Internetprovider Auskunft über die Zuordnung einer IP- Adresse zu einem Anschlussinhaber bekommt. Von der richterlichen Anordnung und der erteilten Auskunft bekommt der mutmaßliche Verletzer in der Regel nichts mit. Das Oberlandesgericht Köln hatte nun die Frage zu klären, ob sich ein Anschlussinhaber nach Erhalt der Abmahnung noch gegen die Auskunftserteilung des Providers mit dem Ergebnis wehren kann, dass der Rechteinhaber die erhaltenen Beweise nicht verwenden darf. Dies hat das OLG auf Basis des Alters des herunter geladenen Musikstückes getan.
Die Rechteinhaberin eines vor über zwei Jahren erschienen Musikalbums, entdeckte durch ein von dieser beauftragtes Antipiracy Unternehmen eine widerrechtliches Angebot Ihrer Musikstücke auf einer Internettauschbörse. Die Rechteinhaberin beantragte beim zuständigen Gericht eine Anordnung, welche den Internetprovider – in diesem Fall die Telekom – dazu verpflichtete, über die Anschlussinhaberin mittels der Zuteilung einer IP-Adresse Auskunft zu erteilen. Mit dieser Auskunft wurde die Anschlussinhaberin in der Folge abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Diese setzt sich nun mit einer Beschwerde gegen die richterlich angeordnete Auskunftsanordnung zur Wehr. Diese hätte nach ihrer Meinung nicht erteilt werden dürfen, da es sich bei dem Herunterladen eines über zwei Jahre alten Musikalbums nicht um ein für die richterliche Anordnung nötiges gewerbliches Ausmaß handele.
Entscheidung des Gerichts
In seinem Beschluss vom 05.10.2010- Az. 6 W 82/10, entschied das OLG Köln zugunsten der Anschlussinhaberin und gab der Beschwerde statt.
Gegen eine in Filesharing Fällen von dem Urheber meist eingeholten richterliche Anordnung stehe dem Anschlussinhaber ein Beschwerderecht zum zu. Dieses Recht auf Beschwerde sei grundsätzlich auch nicht fristgebunden und damit auch noch nach erfolgter Auskunft und Abmahnung einzulegen. Die Beschwerde könne sich allerdings nur darauf stützen, dass der Abmahner nicht Rechteinhaber, die Rechtsverletzung nicht offensichtlich war oder kein gewerbliches Ausmaß erreicht hat.
Das Oberlandesgericht geht bei einem Musikalbum, das schon länger als 6 Monate auf dem Markt ist, nicht ohne weiteres mehr von einem gewerblichen aus. Vielmehr muss der Rechteinhaber in solchen Fällen besondere Umstände darlegen um ein gewerbliches Ausmaß zu beweisen. Kann der Rechteinhaber das nicht, hat eine Beschwerde gegen die Auskunftserteilung Erfolg. Dann kann die erteilte Auskunft in der Regel im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr als Beweis verwendet werden.
Das Oberlandesgericht hat allerdings die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, so dass das letzte Wörtchen in dieser Rechtsfrage noch nicht gesprochen ist.
Fazit
In Fällen, bei denen die im Internet getauschten urheberrechtlichen Werke älter als 6 Monate sind, der Abmahner nicht Rechteinhaber oder die Rechtsverletzung nicht offensichtlich ist, kann der Abgemahnte in Zukunft mit Erfolg Rechtsbeschwerde gegen die richterlich ergangene Auskunft einlegen. Kann diese im Beschwerdeverfahren aufgehoben werden, steht der Rechteinhaber ohne Beweis da und muss das Verfahren gegen den Anschlussinhaber beenden.
Die vorliegende Entscheidung könnte erheblichen Einfluss auf die derzeitige Abmahnpraxis haben. Sollte dieser Beschluss Schule machen, wird in Zukunft wohl nur noch das Filesharing bei aktuelle Musikalben und Filmen abgemahnt. Zumindest wird das für die Auskunftsanordnung zuständige Gericht genauer prüfen müssen, ob in den beantragten Fällen ein gewerbliches Ausmaß vorliegt.
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