EuGH:

Hinsendekosten bei Widerruf trägt der Verkäufer

Ob Verbraucher bei Ausübung des Widerrufsrechts im Internet- und Versandhandel die Hinsendekosten der Warenlieferung tragen müssen war bislang umstritten. Ausdrücklich gesetzlich geregelt war lediglich die Frage der Rücksendekosten, die dem Verbraucher bei Bestellungen bis EUR 40,- auferlegt werden können, ansonsten vom Verkäufer zu tragen sind. Die Frage der Hinsendekosten wurde nun vom Europäischen Gerichtshof entschieden.

Wenn Verbraucher im Internet Waren bestellen können Sie den Kauf innerhalb der Widerrufsfrist zurückgeben und den Kaufpreis  vom Verkäufer zurückverlangen. Die Kosten der Rücksendung, also vom Verbraucher an den Händler, kann der Verkäufer bei einem Bestellwert bis EUR 40,- dem Verbraucher auferlegen, muss diese also nicht erstatten. Bei einem höheren Bestellwert trägt diese Kosten immer der Verkäufer. Neben den Kosten der Rücksendung sind jedoch auch Kosten für die Hinsendung entstanden, also vom Verkäufer zum Verbraucher. Wer diese Kosten zu tragen hat, war mangels klarer gesetzlicher Regelung bislang umstritten.

Da der Verkäufer bis auf Bestellungen unter EUR 40,- bereits die Rücksendekosten zu tragen hat erschien es Recht und billig die Hinsendekosten dem Verbraucher aufzuerlegen, da sonst jedenfalls bei  Bestellungen über EUR 40,- nur der Verkäufer einseitig belastet wird.

Auf der anderen Seite wurde vertreten, dass die Auferlegung der Hinsendekosten den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abhalte und deshalb nicht möglich sei.
Die Frage war aufgrund der europäischen Rechtsgrundlage schließlich vom EuGH zu beantworten.

Entscheidung des Gerichts

Der EuGH (Urteil vom 15.04.2010 – Az. C 511/08) schloss sich der letzteren Auffassung an, nach der die Hinsendekosten nicht vom Verbraucher sondern vom Verkäufer zu tragen sind. Die Richter stützen sich dabei  auf die EU-Richtlinie 97/7/EG wonach dem Verbraucher nur die Rücksendekosten –  und zwar anders als im deutschen Recht nicht beschränkt auf Bestellungen bis EUR 40,- – auferlegt werden dürfen.

Da dem Verbraucher nach EU-Recht die vollen Rücksendekosten auferlegt werden dürfen, entspricht es nach Auffassung des EUGH einer ausgewogenen Risikoverteilung, wenn der Verkäufer die Hinsendekosten trägt. Dem Verbraucher die Kosten beider Versandwege  aufzuerlegen, wäre hingegen geeignet diesen von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten und von daher mit der Richtlinie nicht in Einklang zu bringen.

Fazit

Für die deutschen Versandhändler hat diese Entscheidung verheerende Folgen. Denn anders als in anderen europäischen Staaten, können nach deutschem Recht nur Rücksendekosten bei Bestellungen bis EUR 40,- dem Verbraucher auferlegt werden. Bei darüber hinausgehenden Bestellungen trägt der Verkäufer nach deutschem Recht beide Versandwege, was der ausgewogenen Risikoverteilung, wie sie der EuGH annimmt nicht entspricht.

Ursache hierfür ist jedoch nicht die EU-Richtlinie, sondern die deutsche Sonderregelung im Hinblick auf die Begrenzung der Rücksendekostenerstattung bis zu einem Bestellwert von EUR 40,-. Um das Ungleichgewicht zu Lasten der Händler auszugleichen, sollte die EUR 40,- Grenze daher abgeschafft und an die Regelung an die Richtlinie angeglichen werden.

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Clemens Pfitzer

Rechtsanwalt . Partner
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
IT-Recht
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