Die vorprozessuale Abmahnung bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte (insbesondere im Wettbewerbsrecht und Markenrecht) ist ein legitimes Instrument im Gewerblichen Rechtsschutz zur Vorbereitung von Prozessen. Dass der zu Recht Abgemahnte hierbei die Kosten der abmahnenden Rechtsanwälte zu tragen hat, ist richtig, hat aber vermehrt auch missbräuchliche Abmahntätigkeit herausgefordert. Das Problem betrifft vor allem auch den IT-Bereich, weil der Markt umkämpft ist und beinahe täglich neue Verletzungsformen auftreten.
In der Praxis ist festzustellen, dass ein diesbezügliches Risk-Management oft nicht existiert und der Umgang mit Abmahnungen im Ernstfall unsicher ist. Problematisch ist, dass man einer Abmahnung nicht auf den ersten Blick ansehen kann, ob diese berechtigt ist und beachtet werden sollte oder gefahrlos in den Papierkorb verortet werden kann. Ferner ist ungewiss, wie ernst es der Abmahnende meint und was er zur Durchsetzung seiner (vermeintlichen) Rechte tun wird. Im schlechtesten Fall ist das Begehren berechtigt und wird nach Ablauf der gesetzten Frist im Wege eines Eilverfahrens (Einstweilige Verfügung) durchgesetzt. Dies bedeutet für den Abgemahnten u.U., dass er im mit einer vorläufigen, aber verbindlichen, gerichtlichen Entscheidung konfrontiert wird, ohne vorher nach seiner Meinung und Rechtsauffassung gefragt zu werden.
Die Handlungsalternativen im Abmahnverfahren reichen grundsätzlich von einem Ignorieren bis hin zur vollständigen Unterwerfung durch Abgabe einer Unterlassungserklärung. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Verteidigungsstrategie hängt allerdings maßgeblich von der Rechtslage ab, die regelmäßig nur schwierig zu bestimmen ist. Als Grundsatz sollte gelten, dass die Abmahnung selbst sowie die gesetzte Frist ernst genommen und entsprechend behandelt werden sollten, um Nachteile für die eigene Rechtsposition zu vermeiden.
Von einer vorbehaltlosen Unterzeichnung der geforderten Unterlassungserklärung kann dagegen nur abgeraten werden, auch wenn dies auf den ersten Blick kostengünstiger scheint als eine Konfrontation. Zum einen ist die vorformulierte Erklärung – selbst bei berechtigten Abmahnschreiben – in der Regel sehr viel weiter reichend, als für die Verhütung des primären Unterlassungsanspruchs erforderlich; bspw. bedarf es hierfür keiner ausdrücklichen Verpflichtung, die Kosten des Abmahnenden für die Einschaltung seiner Rechtsanwälte (Abmahnkosten) zu tragen. Zum anderen ist zuweilen kaum abzusehen, welchen Umfang die letztlich eingegangene Unterlassungsverpflichtung tatsächlich hat. Selbst wenn auf die beanstandete Handlung nämlich zukünftig schadlos verzichtet werden kann, ist eine wirksame Unterlassungserklärung stets mit dem Versprechen einer mindestens 4-stelligen Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung verbunden. Es ist daher absolut notwendig, alle Handlungen zu unterlassen, die unter den Unterlassungsvertrag fallen, was dessen scharfkantige Formulierung erfordert. Nicht selten wird die vertragliche Verpflichtung nämlich später vergessen oder aufgrund eines Missverständnisses versehentlich verletzt. Die Folge ist die Fälligkeit der versprochenen Vertragsstrafe, auf die es manchen Abmahnern mehr ankommt als auf die Wahrnehmung ihrer gewerblichen Schutzrechte.
Umgekehrt ist jedes am Markt tätige Unternehmen darauf angewiesen, seine tatsächliche Stellung auch rechtlich zu verteidigen. Neben werberechtlichen Aspekten – z.B. die Irreführung der Zielgruppe durch unzutreffende Angaben des Mitbewerbers – sind es dabei vor allem kennzeichenrechtliche Positionen, die verteidigt werden wollen, um nicht an Kraft zu verlieren. Im Software-Bereich ist hierbei zu bedenken, dass ein begrifflicher Schutz bspw. des Produkttitels keiner Eintragung in das beim deutschen Patent- und Markenamt geführte Register bedarf. Der Titel einer Software ist vielmehr kraft Gesetzes (§5 MarkenG) als Werktitel geschützt und verleiht deshalb ohne weiteres eine Rechtsstellung, die von jedem anderen beachtet werden muss. Das gilt allerdings nur, solange der – oft an beschreibende Begriffe angelehnte – Titel auch als Hinweis auf den Hersteller verstanden wird, was durch die Fremdbenutzung beeinträchtigt werden kann. Überdies genießt ein Softwareprodukt selbstverständlich auch urheberrechtlichen Schutz.
Die gewerblichen Schutzrechte sind das Fundament einer jeden wirtschaftlichen Betätigung. Diese sollten im Rahmen einer konkreten Strategie sowohl aktiv als auch passiv verteidigt werden, um die Kontinuität der eigenen Marktstellung und den Schutz der gewerblichen Leistungen vor Ausbeutung und Beeinträchtigung zu gewährleisten.
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