Zulässigkeit des Handels mit gebrauchten Software-Lizenzen

Das Problem des Handels mit „gebrauchten“ Software-Lizenzen hat in letzter Zeit vermehrt die deutschen Gerichte beschäftigt. Das relativ neue und attraktive Geschäftsmodell beeinträchtigt das Urheberrecht und nicht zuletzt auch das Vergütungsinteresse der Hersteller, weshalb diese regelmäßig bemüht sind, dem Problem durch entsprechende Einschränkungen in den Lizenzbestimmungen beizukommen. Die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen hängt dabei maßgeblich vom gewählten Lizenzmodell bzw. den Modalitäten der Softwareüberlassung ab. Die Rechtslage in diesem Bereich ist allerdings äußerst umstritten und eine höchstrichterliche Entscheidung bislang nicht ergangen.

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten des Software-„Kaufs“ unterscheiden: der Erwerb eines physischen Datenträgers oder der unkörperliche Software-Download aus dem Internet. Beides ist als Einzelplatz- oder Volumenlizenzvertrag denkbar.

Auf Datenträger verkörperte Software

Unzweifelhaft ist der Weiterverkauf von auf einem bestimmten Datenträger verkörperter Software zulässig, soweit dieser Datenträger vom Urheber (dem Hersteller) in dieser Form in den Verkehr gebracht wurde. Der sog. urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz (§69 c Nr. 3 S. 2 UrhG) beschränkt nämlich das dem Urheber grundsätzlich zustehende Verbreitungsrecht insofern, als dieser auf den weiteren Vertriebsweg des Original-Datenträgers keinen Einfluss mehr hat. Voraussetzung ist lediglich, dass der Datenträger willentlich vom Hersteller bzw. Urheber in den Verkehr gebracht wurde. Dem Urheber kommt daher nur das Recht der Erstverbreitung seines Produkts zu. Damit steht es dem Ersterwerber grundsätzlich frei, über den die Software enthaltenden Datenträger weiter zu verfügen. Soweit der Hersteller versucht, diese Beschränkung seines Urheberrechts auf vertraglichem Wege zu begegnen, sieht er sich rechtlichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Zum einen sind diesbezügliche Beschränkungen wie z.B. eine Vinkulierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Lizenzbestimmungen) wohl regelmäßig wegen Verstoßes gegen wesentliche Grundgedanken des Urheberrechts (Erschöpfung des Verbreitungsrechts) unwirksam. Zum anderen handelt es sich um zwingendes Recht, das nicht auf rechtsgeschäftlichem Wege abdingbar ist (zu Vorstehendem: Landgericht Hamburg, Urteil vom 29.06.2006 – Az. 315 O 343/06). Das Verbreitungsrecht am verkörperten Produkt ist allerdings vom Vervielfältigungsrecht zu unterscheiden. Letzteres wird von der urheberrechtlichen Erschöpfung nicht umfasst und verhindert daher – mit Ausnahmen – vom Erwerber vorgenommene Vervielfältigungen der Software.

Unkörperliche Download-Software

Weniger klar ist die Rechtslage, wenn die Software ausschließlich als unkörperlicher Download zur Verfügung steht oder jedenfalls auf diesem Wege erworben wurde. Das Schicksal des Verbreitungsrechts ist hier unter Juristen heftig umstritten. Für die Praxis bedeutsam dürfte allerdings die derzeitige Auffassung der des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 03.08.2006 – Az. 6 U 1818/06) sein. Nach diesem kommt eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts nur dann in Betracht, wenn das Softwareprodukt auf einem Datenträger verkörpert vom Berechtigten in den Verkehr gebracht wurde. Das Prinzip der Erschöpfung von Urheberrechten bezieht sich hiernach – was dem Gesetzeswortlaut entspricht – alleine auf das physische Vervielfältigungsstück, nämlich den Datenträger auf dem die Software gespeichert ist, nicht dagegen auf die einzelne Lizenz als „unsichtbares“ Nutzungsrecht. Diese Voraussetzungen sind bei einem Download gerade nicht gegeben. Die Weiterveräußerung so erworbener Software verletzt daher die Rechte des Herstellers in zweifacher Hinsicht: zum einen verfügt dieser nach wie vor über das unbeschränkte Verbreitungsrecht und zum anderen wäre hierfür eine stets unzulässige Vervielfältigungshandlung des Erst- oder Zweiterwerbers erforderlich. Das vom Gericht gefundene Ergebnis dürfte auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Anders als bei verkörperten Softwareprodukten lässt sich – jedenfalls ohne Rights-Management – nämlich kaum feststellen, ob ein rechtmäßiges Vervielfältigungsstück vorliegt. Vorstehendes gilt selbstverständlich auch für Volumenlizenzmodelle (Mehrplatzlizenzen), wenn die Software nur als Download verfügbar ist.

Volumenlizenzen und Masterkopie

Eine Zwischenstellung nehmen Volumenlizenzen ein, die dazu berechtigten, die als sog. Masterkopie auf einem Datenträger übergebene Software auf einer bestimmten Anzahl an Arbeitsplätzen zu installieren und zu nutzen. Hier ist das Produkt zwar verkörpert, dies jedoch nur ein einziges Mal. Demgegenüber kann die Anzahl der zugehörigen Lizenzen theoretisch unbegrenzt sein. Das Landgericht Hamburg ging unlängst von der Zulässigkeit der Veräußerung durch den Ersterwerber aus (Urteil vom 29.06.2006 – Az. 315 O 343/06), da jedes einzelne Nutzungsrecht als eigenständiges Vervielfältigungsstück zu behandeln sei. Insofern bestünde kein Unterschied zu dem Fall, dass für jede Lizenz ein Datenträger übergeben wird. Problematisch hieran ist vor allem, dass das Gericht ausweislich seiner Begründung offensichtlich und allgemein davon ausgeht, dass die unkörperliche Übertragung der Software die körperliche Übergabe auf einem Datenträger ersetzt und daher die Vorschriften über die Erschöpfung des Verbreitungsrechts entsprechend anzuwenden seien, was der Annahme gleichkommt, dass die Erschöpfung auf das Nutzungsrecht und nicht den (hier nicht vorhandenen) Original-Datenträger bezogen ist. Diese Auffassung widerspricht jedoch nicht nur dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, sondern auch einer unmissverständlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 03.08.2006 (Az. 6 U 1818/06), welches nochmals klarstellt, dass eine urheberrechtliche Erschöpfung ausschließlich an verkörperten Werken in Betracht kommt. Es kann daher keinen Unterschied machen, ob dem Ersterwerber eine Masterkopie ausgehändigt oder dieser von vornherein auf einen Download der Software verwiesen wird. Eine Weiterveräußerung dürfte in beiden Fällen ausgeschlossen sein, solange nicht für jede Lizenz ein Original-Datenträger zur Verfügung steht.

Lizenzvertragliche Einschränkung von Nutzungsrechten

Auch wenn sich die zitierten Entscheidungen zum Teil widersprechen und noch lange keine Rechtssicherheit gewährleistet ist, lassen sich der bisherigen Rechtssprechung doch Tendenzen entnehmen, die einen Ausblick erlauben. So scheint vorläufig geklärt zu sein, dass das eingeräumte Nutzungsrecht in den Lizenzbestimmungen der Software-Hersteller mit Wirkung auch gegen Dritte (z.B. den Zweiterwerber) dahingehend beschränkt werden kann, dass dem Ersterwerber nur ein einfaches, nicht weiter übertragbares Nutzungsrecht eingeräumt wird. Hierin liegt zugleich die Verweigerung der Zustimmung gem. §34 Abs. 1 UrhG, welcher es bei jeder Übertragung von eingeräumten Nutzungsrechten bedarf. Die Grenze ist solcher Beschränkungen ist nach dem Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 315 O 343/06) dann erreicht, wenn hierdurch die urheberrechtliche Erschöpfung des Verbreitungsrechts umgangen werden soll. Dies ist jedoch wie gesehen wohl nur dann der Fall, wenn es um die Weiterveräußerung von Original-Datenträgern geht, die vom Hersteller in den Verkehr gebracht wurden, sodass reine Downloadlizenzen oder Nutzungsrechte im Zusammenhang mit der Aushändigung einer Masterkopie beschränkbar sind.

Aufgrund der rechtlichen Komplexität der Thematik verbietet sich allerdings die Aufstellung pauschaler Grundsätze. Vielmehr muss im Einzelfall anhand des konkreten Lizenzmodells und der gewählten Vertriebsstruktur geklärt werden, wie die Lizenzbestimmungen auszugestalten sind.

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Dr. Markus Wekwerth

Rechtsanwalt
Fachanwalt für:
Gewerblicher Rechtsschutz
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