Die außergerichtliche Abmahnung ist bloße Obliegenheit im Hinblick auf die Erstattung der Prozesskosten, nicht aber Zulässigkeitsvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren. Die Abmahnung ist sogar entbehrlich, wenn ihre Erfolglosigkeit absehbar oder sie aus sonstigen Gründen unzumutbar ist. Hierfür genügt ein bewusst fahrlässiger oder vorsätzlicher Wettbewerbsverstoß alleine ohne Hinzutreten weitere Umstände jedoch nicht.
Gegenstand des Verfahrens war ein Streit um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung für Internetzugangs-Dienste, welche gesondert entstehende Telefonverbindungsentgelte nicht erwähnte.
Gemäß §93 ZPO, der im einstweiligen Rechtsschutz entsprechend gilt, fallen dem Antragssteller die Verfahrenskosten zur Last, wenn der Beklagte den geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt und keinen Anlass zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegeben hat. Aus Sicht des Klägers bietet der vorhergehende Hinweis auf das beanstandete Verhalten in Form der Abmahnung eine Möglichkeit, dieses Risiko auszuschalten, da dem Abgemahnten hiermit die Entscheidung freigestellt wird, ob er nachgeben oder streiten will (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1064).
Die Entscheidung des Gerichts
Anderes gilt nach Auffassung des Gerichts (OLG Schleswig, Beschluss vom 04.04.2000 – 6 W 7/00), wenn es von vorneherein nicht erfolgsversprechend oder aus anderen Gründen unzumutbar ist, den Verletzer vor Beschreitung des Rechtswegs zur Unterlassung aufzufordern (vgl. OLG Dresden NJWE-WettbR 1999, 16 (17) m.w.N.; OLG Köln GRUR 1988, 487). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der Eindruck aufdrängen musste, der Verletzer werde sich der Abmahnung nicht beugen, sondern legt es geradezu darauf an, seine wettbewerbswidrige Handlung im Vertrauen auf die Zustellung einer Abmahnung eine gewisse Zeit lang fortzusetzen.
Während die Vorinstanz (LG Flensburg) noch davon ausgegangen war, es handele sich bei der Beklagten um ein erfahrenes und umfänglich juristisch beratenes Unternehmen, was den Erfolg der Abmahnung als unwahrscheinlich habe erscheinen lassen, wollte das Rechtsmittelgericht dieser Auffassung nicht folgen. Zwar legen diese Umstände ein vorsätzliches oder bewusst fahrlässiges Handeln der Beklagten nahe. Ein Grund, auf das Erfordernis der Abmahnung zu verzichten stellt dies auch bei bedeutenden Unternehmen nur dann dar, wenn sich hieraus aufgrund der Umstände gefolgert werden kann, der Verletzer werde sich außergerichtlich nicht unterwerfen. Diesbezügliche Erfahrungssätze seien nicht feststellbar, was insbesondere auch die sofortige Unterwerfung der Beklagten im Prozess zeigt.
Unzumutbarkeit der vorgerichtlichen Abmahnung liegt dann vor, wenn die Umstände ergeben, dass der Verletzer als „Serientäter“ besonders hartnäckig oder böswillig zu Werke geht. Bei bloßer Eilbedürftigkeit sind diese Voraussetzungen jedenfalls nicht gegeben: diese ist grundsätzlich nur zu einer Herabsetzung der angemessenen Fristsetzung – notfalls auf 1 Stunde – geeignet, nicht aber dazu, die Unzumutbarkeit der Abmahnung zu begründen. Anders wiederum z.B. in Fällen der Markenpiraterie und einmaligen oder kurzfristigen Werbemaßnahmen.
Die Abmahnung war daher nach Auffassung des OLG Schleswig vorliegend nicht entbehrlich, weshalb die Klägerin die Verfahrenskosten trotz Erfolgs in der Sache zu tragen hatte.
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