Unter Gleichnamigen gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip – wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dass das bei Streitigkeiten um Domains nicht immer so sein muss, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit den zwei maßgeblichen Leitentscheidungen shell.de und krupp.de aufgezeigt. Hier wurde im Rahmen einer Interessenabwägung entschieden, dass sich die Inhaber überragend bekannter Marken oder Unternehmensbezeichnungen gegen schnellere und gleichnamige Privatpersonen durchsetzen können. Neu ist die sehr viel weitergehendere Ansicht des OLG Stuttgart (Urteil vom 26.07.2007 – 7 U 55/07), das mit einer interessanten Argumentation sogar auf die überragende Bekanntheit verzichtet, um zum selben Ergebnis zu gelangen.
Die Klägerin, hier Mustermann GmbH genannt, forderte von einem Herrn Mustermann die Aufgabe der unter den Top-Levels (TLDs) .de, .eu und .com registrierten Domain „mustermann-unternehmensgruppe“ gefordert. Herr Mustermann hat im Prozess vorgetragen, den Aufbau eines Unternehmens bzw. einer Unternehmensgruppe zu planen, war aber unstreitig (noch) nicht unternehmerisch tätig. Die Vorinstanz – das Landgericht Stuttgart – hat die auf das Namensrecht gestützte Klage auf Löschung der Domains mit der Begründung abgewiesen, dass angesichts des beschreibenden Domain-Bestandteils „Unternehmensgruppe“ für die Beurteilung einer Verletzung des Namensrechts durch Namensanmaßung alleine auf den Bestandteil „Mustermann“ abzustellen sei. Mangels überragender Bekanntheit der Mustermann GmbH kam das Landgericht zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass sich der Prioritätsgrundsatz durchsetzt und Herr Mustermann seine Domains behalten kann.
Die Entscheidung des Gerichts
Anders das Oberlandesgericht Stuttgart in der Berufungsinstanz: Aufgrund der Tatsache, dass der Beklagte, Herr Mustermann, nicht unternehmerisch tätig ist, sei der Domain-Bestandteil „Unternehmensgruppe“ doch zu berücksichtigen. Gerade dieses Attribut würde ihn von der Klägerin unterscheiden. Damit liege keine Gleichnamigkeit mehr vor, weshalb das Prioritätsprinzip nicht zur Anwendung gelangen kann. Aufgrund der in der Domainregistrierung liegenden Namensanmaßung liege damit eine Zuordnungsverwirrung vor, die das auf Domainlöschung gerichtete Verlangen der Klägerin begründet.
Das vom BGH aufgestellte Erfordernis der überragenden Bekanntheit des Kennzeichens des Angreifers wurde dabei auch auf eine „unterschiedliche Gewichtung“ verkürzt, die mangels eines objektiven Interesses des Beklagten an den Domains zugunsten der Klägerin ausgefallen ist.
Fazit
Das Urteil lässt die durch die Feststellung der Maßgeblichkeit des Gesamtzeichens „Mustermann-Unternehmensgruppe“ angezeigte Prüfung vermissen, ob der Mustermann GmbH auch an diesem und nicht nur an „Mustermann“ ein Namensrecht zusteht. Es reicht für den geltend gemachten Löschungsanspruch jedenfalls nicht, dass es sich faktisch um eine Unternehmensgruppe handelt. Ist dies nicht der Fall, wäre die Klage gleichwohl abzuweisen gewesen. Bei der „unterschiedlichen Gewichtung“ handelt es sich in Wahrheit ebenso um eine Interessenabwägung wie sie bereits der BGH mehrfach vorgenommen hat – nur mit erheblichen geringeren Anforderungen.
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